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In Kernfragen nicht gespalten

Atomdebatte in der Bürgerschaft. SPD legt sich fest: Ausstieg aus Brunsbüttel „wird in dieser Legislaturperiode klargemacht“  ■ Von Sven-Michael Veit

Von den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW) läßt sich die rot-grüne Koalition nicht spalten. Der Ausstieg aus dem AKW Brunsbüttel „wird in dieser Legislaturperiode klargemacht“, versprach Walter Zuckerer gestern in der aktuellen Stunde der Bürgerschaft. Der Stellvertretende Fraktionschef der SPD ist damit der erste Hamburger Sozialdemokrat, der sich öffentlich so eindeutig festgelegt hat.

Der grüne Koalitionspartner hörte diese Botschaft – und war erfreut und irritiert zugleich. Hatte doch der energiepolitische Sprecher der GAL, Lutz Jobs, zu Beginn der Atomdebatte „ein klares Bekenntnis der SPD zum zügigen Ausstieg“ eingefordert. Dem Bürgermeister und HEW-Aufsichtsratsvorsitzenden Ortwin Runde (SPD) hatte Jobs vorgeworfen, sich von HEW-Chef Manfred Timm „auf der Nase rumtanzen zu lassen“.

Timm, der auch Sprecher der deutschen Atomkonzerne in den Konsensverhandlungen mit der Bundesregierung ist, hatte vorige Woche den „politisch gewollten Ausstieg“ als „nicht zu verantwortenden Fehler“ kritisiert. Ohnehin müsse man „eher in Jahrzehnten“ rechnen als in Jahren. Politiker, die zu sehr aufs Abschalten drängten, so Timm, würden „mit ein paar zusätzlichen Jahren“ Laufzeit von Atommeilern „bestraft“.

Es sei „allerhöchste Zeit“, mahnte Jobs den Senatschef, „daß Timm zurückgepfiffen wird“. Anderenfalls könne er sich „nicht vorstellen, daß Rot-Grün in Bonn wie in Hamburg Bestand haben kann“.

Die Replik der Sozialdemokraten fiel moderat aus. „Mit Drohgebärden an die HEW“, so die Abgeordnete Monika Schaal, würden die Gespräche mit der Energiewirtschaft belastet. Ein erstes Sondierungstreffen zwischen Timm, Runde und dem grünen Umweltsenator Alexander Porschke soll am 16. Februar stattfinden. Thema ist die Umsetzung der rot-grünen Koalitionsvereinbarung vom Herbst 1997, bis 2002 das AKW Brunsbüttel abzuschalten.

Es werde, belehrte Zuckerer den Grünen, zu einem Atomausstieg „nur im Konsens“ kommen können, nicht durch „Unterwerfung“ der HEW. Dafür müsse man dem sozialdemokratisch „kühlen Kopf“ und das grüne „heiße Herz“ zusammenführen: „Das ist eine gute Kombination.“

Den kühlen Kopf verlor jedoch der Vizefraktionschef der CDU, Roland Salchow. Die Union lasse zwar über einen Ausstieg „mit sich reden“, sofern er ökonomisch und ökologisch sinnvoll sei, woran er arge Zweifel hege. Aber, warnte der promovierte Physiker die GAL, sie solle aufhören, sich „die Objektivität der Kernphysik“ zurechtzubiegen. Es gebe „eine grüne Naturwissenschaft“ ebensowenig, wie es „den Nazis gelungen ist, die Naturwissenschaften zu mißbrauchen“.

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