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Polizei war überrascht: Kurden kamen zu früh

■ Berliner Parlament streitet über den Polizeieinsatz am israelischen Konsulat

„Nicht zu verhindern“ war nach Ansicht von Berlins Innensenator Eckart Werthebach (CDU) der „Ansturm von PKK-Anhängern“ auf das israelische Generalkonsulat am vergangenen Mittwoch. Bei der versuchten Besetzung waren drei KurdInnen erschossen worden. Werthebach reagierte damit auf die Kritik von Bündnisgrünen und PDS sowie vom Koalitionspartner SPD, die dem Innensenator vorwarfen, es habe keinen ausreichenden Polizeischutz des Konsulats gegeben. Werthebach wies die Kritik als „haltlos“ zurück.

Die Polizei habe nichts von der für 14 Uhr geplanten Besetzung des Konsulats gewußt, sagte Werthebach. Erste Hinweise, daß eine Besetzung geplant sei, seien vom Bundeskriminalamt erst um 13.20 Uhr eingegangen. Zehn Minuten später seien dann die ersten Einheiten – circa 30 Mann – am Konsulat eingetroffen. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich jedoch bereits rund 75 Kurden „im Hof des Umweltbundesamts“, das nur einige Meter vom Konsulat entfernt ist, versteckt gehalten. Die Polizei konnte nicht klären, wie diese dort unbemerkt bleiben konnten.

Die Kurden hätten den Zeitpunkt der Besetzung „vorgezogen“ und „überfallartig“ mit „Eisenstangen, Ästen und Baseballkeulen“ das Konsulat angegriffen, sagte Berlins Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert. Zu diesem Zeitpunkt hätten die Kurden die wenigen anwesenden Polizisten quasi überrannt. Zur Begründung, weshalb vor 14 Uhr nur sowenig Polizisten vor Ort gewesen seien, sagte Piestert: „Die Kurden sind straff organisiert, und wenn vorher 14 Uhr gesagt wird, heißt das auch 14 Uhr.“ „Wenn die Ausschreitungen erst um 14 Uhr losgegangen wären, wäre das Konsulat ausreichend geschützt gewesen“, meinte denn auch Werthebach. Um 14 Uhr waren laut Werthebach bereits 180 Polizisten vor Ort. Doch er räumte auch ein: „Wenn wir prophetische Gaben hätten, dann hätten wir anders entschieden.“

Der SPD-Abgeordnete Hans- Georg Lorenz kritisierte, der Schutz des israelischen Generalkonsulats sei „völlig dürftig und nicht angemessen“ gewesen. Es habe kein Konzept von Werthebach zur Sicherung gefährdeter Objekte vorgelegen. Während der Besetzung des griechischen Konsulats am Dienstag hatte die Polizeiführung laut Piestert beschlossen, den Objektschutz insbesondere von türkischen und US-amerikanischen Einrichtungen zu verstärken. Daß auch israelische Einrichtungen eines besonderen Schutzes bedürften, kam nur durch einen zugefügten handschriftlichen Vermerk des Polizeipräsidenten zustande.

Das Konsulat in Wilmersdorf war am Mittwoch morgen jedoch durch keine zusätzlichen Kräfte gesichert. „Wir wußten nichts von der Konzentrierung auf israelische Einrichtungen, unserer Einschätzung nach ging es um die der Türkei“, sagte Werthebach.

Auch der innenpolitische Sprecher der Berliner Bündnisgrünen, Wolfgang Wieland, griff Innensenator Werthebach stark an. „Daß das israelische Konsulat nicht von Anfang an geschützt wurde, ist ein großes Versäumnis“, sagt er. Bei jeder autonomen Demonstration seien mehr Polizisten zur Stelle. Die PDS-Abgeordnete Marion Seelig kritisierte gestern, daß noch sehr viele Fragen des Polizeieinsatzes offen seien. Julia Naumann

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