: Eintrag im Führungszeugnis, und du bist draußen
■ Eine Verurteilung zu 90 Tagessätzen soll eine Einbürgerung verhindern. Was bedeutet das?
Karlsruhe (taz) – Wer vor Gericht zu 90 Tagessätzen verurteilt wurde, soll nach dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Staatsangehörigkeitsrecht nicht in den Club der Deutschen dürfen. Was haben diese Leute getan?
Kurz gesagt: Draußen ist jeder, der in Deutschland durch das Führungszeugnis aktenkundig verurteilt ist, denn auch dafür gilt die 90-Tage-Grenze. Das ist in jedem Fall, wer vor Gericht gelogen hat, wer seinem Gegner in einer Wirtshausschlägerei einen Bierkrug über den Schädel gezogen oder den Bundespräsidenten verunglimpft hat.
Darunter wird es schwierig. Welches Strafmaß ein Delinquent am Ende tatsächlich bekommt, hängt davon ab, ob er zum ersten Mal verurteilt wird, ob der Richter davon ausgeht, daß er sich bessern will, oder wie brutal oder hinterlistig eine Tat war.
Die Ausländer, die nach dem Vorschlag nicht eingebürgert werden sollen, hätten keine Kavaliersdelikte begangen. Bei bestimmten Taten ist man aber automatisch schnell dabei. Zum Beispiel die Körperverletzung: Mindestens 90 Tagessätze bekommt, wer sie mit einem „gefährlichen Werkzeug“ begangen hat. Das kann ein Messer oder eben auch ein Bierkrug sein. Eine einfache Verletzung – ohne Bierkrug – wird dagegen selten ausreichen. Wer das erste Mal vor Gericht steht, müßte sein Opfer schon krankenhausreif geschlagen haben oder ungewöhnlich brutal gewesen sein.
Von den knapp 570.000 Geldstrafen, die 1997 verhängt wurden, waren rund 32.000 höher als 90 Tagessätze. Am häufigsten gab es die höheren Strafen für Betrug und Diebstahl.
Mehr als 1.200mal wurden aber auch Ausländer für Straftaten verurteilt, die nur sie begehen können. Allerdings kommen die wenigsten dieser Taten hier in Frage. Wer sich ohne Genehmigung in Deutschland aufhält oder unerlaubt einreist, wird mit seinem Einbürgerungsantrag wohl schon aus anderen Gründen scheitern. Wegen der Strafe abgelehnt würde aber zum Beispiel, wer vor den Ausländerbehörden schummelt, damit Freunde oder Verwandte eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen.
So schwer sich die Grenze nach dem ziehen läßt, was ein potentieller Neubürger getan hat, so einfach wäre es für die Behörden. Eintrag beim Bundeszentralregister – Antrag abgelehnt. Gudula Geuther
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