: Selbstmitleid und Reue
■ Haft- und Bewährungsstrafen für Skins, die einen Obdachlosen zusammentraten
Im Dezember traten Skinheads in Bergedorf den Obdachlosen Manfred Klein zusammen, so daß dieser mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus kam. Gestern verurteilte das Hamburger Landgericht die drei wegen gefährlicher Körperverletzung und schwerem Raub. Einer der beiden 17jährigen muß für zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis, die zweijährige Freiheitsstrafe des anderen Jugendlichen wurde zur Bewährung ausgesetzt, ebenso die des 26jährigen Angeklagten.
Die drei hätten eine „Neigung nicht nur zu Alkohol, sondern auch zu rechtsradikalen Themen und Musik“, so das Gericht. Auch in jener Nacht im Dezember dröhnte laute Musik der Neonazibands „Störkraft“ und „Weißer arischer Widerstand“ aus der Wohnung, in der die drei zusammensaßen. Nachbarn beschwerten sich, die Polizei kam, nahm den Kassettenrekorder weg. Vergeblich versuchten sie, den auf dem Revier zurückzubekommen. Auf dem Rückweg gingen sie auf den Spielplatz, wo der Obdachlose Manfred Klein zu der Zeit wohnte, durchsuchten seine Sachen und traten zu. Immer wieder, bis der Schädel brach.
Bei der Bestrafung Jugendlicher muß im Urteil der „Erziehungsgedanke“ im Vordergrund stehen. Damit begründete die Kammer, warum der eine 17jährige ins Gefängnis muß und der andere zunächst in Freiheit bleiben kann: Der eine könne nur im Jugendknast eine Ausbildung beginnen, außerdem soll er dort an einem Anti-Gewalt-Training teilnehmen. Der zweite 17jährige hingegen könne „bei seiner Familie wohnen und ist auf dem Weg in die berufliche Integration“. Die Männer hätten im Prozeß eine „gewisse Reue“ gezeigt, jedoch „auch Selbstmitleid“.
Manfred Klein hat sich vor zwei Wochen das Leben genommen. Die Kammer betonte, daß sie seinen Tod nicht den Angeklagten zurechnen. Obwohl die bekennende Rechtsextremisten sind, befand das Gericht: „Ein politischer Hintergrund besteht nicht“.
Elke Spanner
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