: Schläger raus aus der Wohnung
■ Polizisten sollen schlagende Ehemänner sofort der Wohnung verweisen dürfen. Frauenministerin veranstaltet deutsch-österreichische Fachtagung zu Gewalt in der Familie
Bonn (taz) – Männer, die ihre Lebenspartnerin mißhandeln, soll die Polizei sofort der Wohnung verweisen können. Auch der Abbruch jeglichen Kontaktes zur Frau soll verfügt werden können, bis ein Gericht entschieden hat, wem die Wohnung zugewiesen wird: dem Mann oder der Frau.
Das ist das Ergebnis einer Fachtagung, die das Bundesfamilien- und das Bundesjustizministerium gestern in Bonn veranstalteten. Vertreter der beiden Ministerien sowie verschiedener deutscher und österreichischer Frauenprojekte diskutierten über die Umsetzung des im Koalitionsvertrag vereinbarten „Nationalen Aktionsplans“ zum Schutz von Frauen vor Gewalt.
Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) beklagte die mangelnde Aufklärung vieler Frauen über ihre rechtlichen Möglichkeiten und die Unwissenheit bei den zuständigen Behörden und Juristen. Die Gerichtsverfahren seien zudem bislang so kompliziert und langwierig, daß viele Frauen keine rechtlichen Schritte gegen schlagende Ehemänner unternehmen würden.
Eine von Bergmann in Auftrag gegebene Untersuchung hat ergeben, daß jede siebte Frau in Deutschland mindestens einmal Opfer sexueller Nötigung oder Vergewaltigung wird. Zwei Drittel der Täter kommen aus dem nächsten Bekannten- oder Verwandtenkreis. Die „vereinfachte Zuweisung der Wohnung“ an die Frau stehe daher im Zentrum der Bemühungen, sagte die Ministerin.
Birgit Schweikert vom Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt (BIG) verlangte, die Verfahren gegen Männer zu vereinfachen und die Schutzmöglichkeiten für Frauen auszubauen. Es müsse mehr Aufklärung über Verbrechen in der Ehe geben. Wichtig sei es, Gewalt gegen Frauen gesellschaftlich zu ächten.
Ministerin Bergmann wertete die Tagung als „ersten Schritt“. Das Kabinett werde im Herbst die polizeilich verfügte Trennung des schlagenden Mannes von der Frau beraten. Mit dem „Nationalen Aktionsplan“ will Bergmann zudem präventive und ausbildende Maßnahmen für Männer, Polizeibeamte und Juristen unterstützen. Längerfistig strebt sie gleichen Schutz von Frauen vor Gewalt auf europäischer Ebene an. ses
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen