„Wir sind doch kein Weltpolizist“

■  Außenminister Joschka Fischer verteidigt im taz-Interview das Vorgehen der Nato im Kosovo-Krieg. Die UNO sei nicht schwächer, sondern stärker denn je. An seiner Partei kritisiert er die negative Selbstdarstellung

Berlin (taz) – Außenminister Joschka Fischer fühlt sich nicht als Sieger – aber der Westen hat seiner Meinung nach die Kriegsziele im Kosovo erreicht. „Die Menschen sind zurück im Kosovo, die territoriale Integrität Jugoslawiens ist gewährleistet, und wir können heute sagen, daß Miloševic keine Zukunft mehr hat“, sagte Joschka Fischer in einem Interview mit der taz. Gleichzeitig sei der Balkan noch weit vom Frieden entfernt, so der Außenminister: „Wenn die Waffen schweigen, die Gewalt im Hintergrund aber nach wie vor die Macht ausübt, dann ist das für mich kein Frieden.“ In dem Interview zieht Fischer eine Bilanz des Kosovo-Krieges. Er verteidigt noch einmal das Vorgehen der Nato. „Wir haben dort militärisch eingegriffen, weil Verbrechen gegen die Menschlichkeit in unserer unmittelbaren Nachbarschaft passiert sind und dadurch die Sicherheit in Europa gefährdet war“, so der Minister. Daraus könne man jedoch keine allgemeine Interventionspflicht für Deutschland oder die europäischen Staaten ableiten: „Wir sind doch kein Weltpolizist.“ Der Bundesaußenminister widerspricht seinen Kritikern, die behaupten, die Nato hätte die UNO geschwächt: „Die Vereinten Nationen und ihr Sicherheitsrat sind heute stärker denn je.“

Fischer räumt jedoch selbstkritisch ein, daß der Westen im Kosovo-Konflikt alle seine politischen und militärischen Mittel von Anfang an umfassend hätte nutzen sollen. Man könne dabei allerdings nicht von Fehlern reden. „Wir sind heute alle klüger als vor dem Krieg“, so Fischer. Da sei es nicht leicht zu sagen, der Westen hätte gegenüber Miloševic energischer auftreten müssen.

Fischer weist den Vorwurf zurück, der Westen habe Miloševic an der Macht gelassen, um den Krieg beenden zu können. Es sei allein Sache des serbischen Volkes, Miloševic loszuwerden. „Da, wo wir können, werden wir alles tun, um eine demokratische Alternative zu Miloševic zu unterstützen“, sagt der Außenminister.

Zur Situation seiner Partei äußert der Grünen-Politiker Unverständnis über die ausgiebig betriebene negative Selbstdarstellung in den letzten Wochen. „Meiner Meinung nach war das falsch“, so Fischer. Er selbst wolle sich an dieser Debatte nicht beteiligen. Die Forderung „mehr Fischer, weniger Trittin“ halte er als Ausweg aus der Krise aber nicht für richtig. Der heimliche Parteichef widerspricht Spekulationen, er wende sich von seiner Partei ab. Er sei, so Fischer „mit Leib und Seele Grüner“. Jens König

Interview Seiten 2 und 3