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Liberale rufen Frauen zu den Waffen

■ FDP will Grundgesetz ändern, damit auch Frauen Dienst an der Waffe tun können. „Geschlechtsspezifisches Berufsverbot“

Bonn (AFP/taz) – Die Liberalen wollen das Grundgesetz so geändert sehen, daß auch Frauen in der Bundeswehr die Waffe in die Hand nehmen dürfen – sofern sie sich freiwillig dafür bewerben. FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle stellte gestern pünktlich zur nachrichtenarmen Zeit einen Gesetzentwurf vor, der zum 1. 1. 2000 die Verfassung umschreiben würde. Westerwelle sagte: „In allen Bereichen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft muß Gleichberechtigung von Mann und Frau herrschen.“ Laut deutscher Verfassung dürfen Frauen „auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten“. Dies will die FDP ändern, so Westerwelle, weil sich die gesellschaftlichen Bedingungen in 50 Jahren so verändert hätten, daß das geschlechtsspezifische Berufsverbot nicht mehr zu rechtfertigen sei. In den Armeen anderer europäischer Verbündeter sei die Soldatin der Normalfall.

Der Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes verweist auf den Jahresbericht 1997 der Jugendoffiziere der Bundeswehr, wonach das Interesse des schwachen Geschlechts an der starken Truppe deutlich zunehme. Die betroffenen Frauen, heißt es in dem Bericht, „sehen einen krassen Verstoß gegen die Gleichberechtigung darin, daß nur ganz wenige Laufbahnen in der Bundeswehr Frauen offenstehen“. Die Bundeswehr beschäftigt Frauen mit Rücksicht auf das Grundgesetz bisher nur im Sanitäts- und Militärmusikdienst.

Westerwelle hielt den publikumswirksamen Vorschlag seiner Partei für mehrheitsfähig. Sogar eine Zweidrittelmehrheit sei drin, meinte der FDP-General, weil auch bei den anderen Parteien Bewegung in Sachen Öffnung der Bundeswehr zu erkennen sei. Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) hatte kürzlich angeregt, Frauen sollten künftig auch im Wachdienst eingesetzt werden – was gleichbedeutend ist mit dem Dienst an der Waffe. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg verhandelt seit Ende Juni darüber, ob der Ausschluß von Frauen vom Waffendienst in der Bundeswehr rechtmäßig ist. Klägerin ist eine Elektroingenieurin aus Hannover. Die Bundeswehr hatte ihr versagt, in der Wartung von Waffensystemen zu arbeiten.

Der Deutsche Bundeswehr-Verband begrüßte Westerwelles Vorschlag für eine Grundgesetzänderung. „Freiwilligen Bewerberinnen muß der Zugang zu allen Waffengattungen ermöglicht werden, sie sollten gleichberechtigt auch Panzer fahren und Flugzeuge steuern dürfen“, sagte der Vorsitzende des Verbands, Bernhard Gertz. Sein Wehrrechtsexperte Hans-Joachim Ahnert hatte der taz gesagt, „unsere Mädels sind einfach wütend, daß sie gegen ihren Willen und sogar gegen den Wortlaut des Grundgesetzes [vor dem Dienst an der Waffe] geschützt werden sollen“.

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