: Fürs Lob gibt es viele Buhrufe
■ 200 Leute demonstrieren gegen die geplante Schließung von Drogenprojekten
Erstmals, seitdem sie der „Palette 3“ und dem „Drug-Mobil“ Ende Juni die Trägerschaft entzog, äußerte sich Sozialsenatorin Karin Roth (SPD) gestern zu dem Thema: Sollten die MitarbeiterInnen der Drogenhilfsprojekte „qualifiziert“ sowie bereit sein, die Konzepte der neuen Träger umzusetzen, würden diese sie weiterbeschäftigen.
Uwe Grund, Vorsitzender der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft DAG Hamburg, ist damit zufrieden, die MitarbeiterInnen und KlientInnen der Drogenprojekte nicht. Sie buhen laut, als Grund die Ankündigung Roths lobt. 200 haben sich gestern auf dem Hachmannplatz zusammengefunden, um für den Erhalt der „Palette 3“ zu demonstrieren. Am 1. Oktober soll sie geschlossen werden.
Grund ist nicht nur Gewerkschafter, er ist auch sozialpolitischer Sprecher der regierenden SPD. So beläßt er es dabei, die arbeitsrechtliche Situation zu problematisieren. Weiter geht hingegen sein Gewerkschaftskollege Wolfgang Rose, Vorsitzender der ÖTV in Hamburg. Die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) entwickle sich zur Behörde für Arbeitslosigkeit, Krankheit und Unsoziales, schimpft der Gewerkschafter. Statt das Instrument der öffentlichen Aussschreibung zu nutzen, um Transparenz und Qualität im Sozialsystem zu sichern, habe die BAGS es gegen die Interessen der MitarbeiterInnen und KlientInnen eingesetzt.
Viele DrogenkonsumentInnen und Ex-Junkies befinden sich unter den DemonstrantInnen. „Hamburger Drogenpolitik: KlientInnen auf der Straße, MitarbeiterInnen aufs Arbeitsamt“, tragen sie auf Transparenten. Eine Frau beschreibt in ihrem Redebeitrag, sie fühle sich „wie ein Stück Ware, das einfach in ein anderes Lager umsortiert wird“. Auch die „Palette“-MitarbeiterInnen betonen, daß der neue Träger, der Verein „Jugend hilft Jugend“, drogenpolitisch ein gänzlich anderes Konzept vertrete.
Das Konkurrenzverhältnis, das Roth durch die Vergabepraxis unter den Trägern von Sozialleistungen schafft, scheint zwischen deren MitarbeiterInnen zumindest keinen Keil zu treiben. Ein Betriebsrats-Mitglied von „Jugend hilft Jugend“ erklärt sich auf der Demo „solidarisch mit den KollegInnen der Palette und des Drug-Mobil“.
Elke Spanner
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