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Bremer Börse: Shopping statt Handel?

■ Baufirmen und Landesbank verhandeln über Verkauf des Gebäudes der Wertpapier-Börse an der Obernstraße / Neue Shopping-Passage bis zum Telekom-Gebäude in der Langenstraße?

Mitten in der Bremer City gibt es ein Bermuda-Dreieck in den oberen Etagen: Zwischen Obernstraße und Langenstraße stehen hunderte von Quadratmetern Büroflächen hinter ehrwürdigen Fassaden seit Jahren schlicht leer.

Stadtplaner reden immer wieder über die Idee, mit einer Passage die Verbindung zwischen der hochfrequentierten Einkaufs-Meile der Obernstraße und der Martinistraße, letztlich also bis an das touristisch ausgebaute Weser-Ufer der Schlachte zu schaffen. Sogar die renommierte Projektentwickler-Gesellschaft ECE hatte sich mit dem Thema einmal befasst, dann aber Abstand genommen: Das Problem ist, neben der geringen Kaufkraft im Oberzentrum Bremen, auch die Widerspenstigkeit der Immobilien. Beide Häuser haben gewaltige, denkmalgeschützte Fassaden, für eine moderne Nutzung müssten sie völlig entkernt werden.

Das Telekom-Gebäude in der Langenstraße wurde im Frühjahr von der Immobilien-Firma der Stadtgemeinde Bremen aufgekauft, die staatlichen Wirtschaftsförderer der „Bremer Investitions-Gesellschaft“ (BIG) wollen sich hier repräsentative Räume einrichten. Das füllt aber nur einen Teil des großen Komplexes. „Wenn jemand ne Idee hat, das Telekom-Gebäude zu nutzen, dann sind wir zu Gesprächen bereit“, sagt der neue Sprecher der BIG, Thomas Diehl. So lange muß Bremen für den leer stehenden Bau zahlen.

Die Hoffnungen der BIG ruhen dabei auf Verkaufsverhandlungen des Wertpapier-Gebäudes, die die Landesbank bzw. ihre Immobilientochter derzeit führt. Die Börse, so die Idee der Landesbank, könnte zur Kohlhöker-Straße in das weitgehend leerstehende Gebäude der früheren Landeszentralbank umziehen. Die oberen Geschosse über der Wertpapierbörse an der Obernstraße waren übergangsweise von der Landesbank genutzt worden und stehen seit einiger Zeit leer, das ganze Haus wäre für einen Erwerber frei zu machen.

Als Interessent für das Wertpapier-Haus verhandelt die Zechbau-Gruppe. Dies ist kein Zufall: Firmeninhaber Kurt Zech hatte sich auch für die andere Seite der Langenstraße interessiert und gelegentlich einer Bilanzpressekonferenz im Juni die Idee ausgeplaudert, in den oberen Etagen des Telekom-Gebäude ein Hotel mit „Turmzimmer“ und Blick über den Marktplatz einzurichten. Zech ist derzeit am Flughafen mit dem Hotel „Atlantic“ im Geschäft.

Wenn das Bekleidungshaus Peek&Cloppenburg die großen Flächen des Wertpapiergebäudes nutzen würde, dann wäre das Konzept schon fast fertig. Nur wie man Ladengeschäfte ebenerdig in die alten Steinfassaden hineinkommt, das bleibt ein Problem. Die Flächen an der Martinistraße hinter dem Sozialamt, die seit langem als mögliche Erweiterungsflächen für Peek&Cloppenburg im Gespräch sind, wären zu verplanen und könnten für den Ausbau des Parkhauses Langenstraße genutzt werden.

Aber Peek&Cloppenburg ist stumm wie ein Fisch, wenn es um seine geschäftlichen Pläne geht. Man muss davon ausgehen, daß das Haus in der Bremer City nicht viel investiert. Wenn aber das kaufsüchtige Publikum nicht von der Obernstraße her durch ein attraktives Geschäft in den Eingangsbereich des neuen Geschäfts-Komplexes gelockt wird, dann kann sich „dahinter“ in der Langenstraße auch nicht viel entwickeln. Das ist das Problem: Glitzernde Passagen allein, das ist die Erfahrung der Passage am Domshof, sind vielleicht ein Magnet für Schaulustige, die sich die Auslagen in den Fensterscheiben gern ansehen; eine Garantie für Umsatz sind die schaulustigen Flaneure noch nicht.

Auch Kurt Zech will deshalb zu dem gesamten Projekt nichts sagen, bevor nicht alles perfekt und die Verträge beim Notar unterschrieben sind. Das aber könnte in nächster Zeit passieren – bei der Wertpapierbörse geht man davon aus, dass man schon im Frühjahr 2000 aus den alten Räumen raus muss. K.W.

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