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Molotow-Cocktail gegen links

Seit Anfang Oktober gab es drei Anschläge auf linke Projekte. Rechtsextreme mobilisieren gegen „Bauwagenchaoten“  ■ Von Elke Spanner

RechtsextremistInnen haben seit Anfang Oktober drei Anschläge auf linke Projekte verübt. Vorigen Montag wurde nachts ein Molotow-Cocktail in das Fenster eines Hausprojektes im Eimsbütteler Kleinen Schäferkamp geworfen. Nur durch Zufall wurde der Bewohner des Zimmers rechtzeitig wach. Am 2. Oktober hatten um die zehn Neonazis den Bauwagenplatz „Phase 1“ in Norderstedt überfallen. Mehrere Wagen und ein PKW wurden mit Baseballschlägern zerstört, ein Bewohner des Platzes verletzt. In derselben Nacht schlugen mehrere Unbekannte im „Sozialen Zentrum“ in Norderstedt zwei Scheiben ein.

Die Täter dürften derselben politischen Gruppierung zuzurechnen sein. Denn im Briefkasten des Eimsbütteler Wohnprojektes fand sich am Morgen nach dem Brandanschlag ein Flugblatt von Skinheads, das zum „Widerstand gegen Bauwagen-Chaoten und ihre Helfers-Helfer“ aufruft – und das schon auf dem Platz von „Phase 1“ nach dem Überfall gefunden worden war. Die unterzeichnenden Gruppen wollen explizit die geplante Bauwagensiedlung im Bezirk Hamburg-Nord verhindern. Zudem wettern sie über das Stadtteilzentrum Rote Flora und die ehemals besetzten Häuser in der Hafenstraße.

Auch die BewohnerInnen des Hausprojektes stellen die Überfälle in Zusammenhang „mit einer sich seit längerem organisierenden Neonazi-Szene“. Die habe zuletzt durch einen Aufmarsch in Hamburg-Bergedorf von sich reden gemacht, bei dem die Verbrechen der Wehrmacht im 2. Weltkrieg geleugnet und die Waffen-SS verherrlicht wurde.

Im Vorfeld dieser Demo von RechtsextremistInnen am 10. Juli hatte das Hamburger Abendblatt den ebenfalls im Kleinen Schäferkamp beherbergten Infoladen „Schwarzmarkt“ als linke „Gewaltzentrale“ bezeichnet. Diesem Artikel, so die BewohnerInnen des Hauses, „können wir nun die Bedeutung der geistigen Brandstiftung geben“.

Das bei den Überfällen hinterlassene Flugblatt ist von „freien Nationalisten“ sowie militanten Neonazi-Gruppen wie den „Skinheads Bramfeld“ und dem „Hamburger Sturm“ unterzeichnet. Der „Hamburger Sturm“ wurde von Mitgliedern der verbotenen „Nationalen Liste“ gegründet und stellt sich in die Tradition der SA im Nationalsozialismus.

Unter dem Namen „Hamburger Sturm“ geben Rechtsextremisten auch eine Zeitschrift heraus. In deren Ausgabe im Frühjahr hatten sich Neonazis zum „bewaffneten Kampf“ bekannt: „Wir sind im Krieg mit diesem System und dabei gehen nun mal Bullen oder sonstige Feinde drauf“, stand dort zu lesen. Hamburgs Verfassungsschutz-Chef Reinhard Wagner hatte dazu damals gegenüber der taz erklärt: „Ein terroristisches Netzwerk besteht nicht.“

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