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Neue Koalitionskrise nach Schröders Wort: „Morgen ist Sonntag“

■ Jetzt auch rot-grüner Streit über die Abfolge der Wochentage. CDU wittert Morgenluft. Kommt Montag?

Berlin (taz-light) – In der rot-grünen Koalition ist ein Streit um die Abfolge der Wochentage entbrannt. Auslöser war eine Äußerung des Bundeskanzlers anlässlich des bevorstehenden Wochenendes. Ausweislich des vorab veröffentlichten Redetextes wird Gerhard Schröder zur Eröffnung der Hannover Messe am heutigen Samstag die Formulierung gebrauchen: „Morgen ist Sonntag.“

Während Berater des Kanzlers den Satz als „pure Selbstverständlichkeit“ bezeichneten, reagierte der grüne Koalitionspartner empört. „So kann man mit uns nicht umspringen“, kritisierte die Fraktionssprecherin im Bundestag, Kerstin Müller. Ihre Partei sei von der Entwicklung nicht informiert worden. Auch im rot-grünen Koalitionsausschuss am Montag sei das Thema nicht zur Sprache gekommen. Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer verwahrte sich gegen „Belehrungen“ durch den Kanzler. „Die Grünen wissen selbst, wann Sonntag ist“, betonte Bütikofer. „Die Woche hat sieben Tage, und soweit ich weiß, gilt das auch für den Bundeskanzler.“ Daran könnten Machtworte nichts ändern. Auch aus dem Umfeld von Verteidigungsminister Rudolf Scharping wurde Schröders Ankündigung als „verfrüht“ bezeichnet. „Warum muss Schröder immer im falschen Moment vorpreschen?“, wird ein Vertrauter Scharpings zitiert. „Kann er nicht einmal den Dingen ihren Lauf lassen?“ Experten des Ministeriums rechnen mit dem Beginn des Sonntags noch binnen der nächsten 24 Stunden. Solange verfolge man die Situation aufmerksam, der Minister werde stündlich informiert.

Die Union reagierte mit Häme auf die Auseinandersetzung im Regierungslager. „Jetzt streiten sie sich schon über Wochentage“, erklärte CSU-Landesgruppenchef Michael Glos gestern in Berlin, demnächst werden sie sich nicht mal mehr einigen können, ob es Tag oder Nacht ist.“ CDU-Partei- und Fraktionschef Wolfgang Schäuble nannte die Diskussion bezeichnend für den Zustand der rot-grünen Koalition. „Ich empfehle allen Beteiligten einen Blick in den Kalender“, sagte Schäuble vor Journalisten in Berlin.

Ein Regierungssprecher bestritt unterdessen, dass die Bundesregierung plane, von der herkömmlichen Wocheneinteilung abzugehen. „Ich rate allen, am Wochenende in Ruhe auszuspannen“, so der Sprecher, „denn auf den Sonntag folgt wieder ein Montag.“ Patrik Weiß

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