: Sterben ist in Entwicklungsländern billiger als heilen
■ Ärzte ohne Grenzen prangert Preis- und Patentpolitik der Pharmaindustrie an
Brüssel (taz) – Millionen Menschen in Entwicklungsländern sterben, weil Medikamente zu teuer sind oder gar nicht mehr hergestellt werden. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat gestern in Brüssel gefordert, dass lebenswichtige Medikamente für alle erschwinglich und zugänglich sein müssen.
Patente verhindern das in vielen Ländern. In Kenia zum Beispiel können weder Patienten noch Gesundheitsdienste die 20 US-Dollar pro Tag aufbringen, die die Behandlung eines Aids-Kranken kostet. In Thailand, wo das Aids-Medikament nicht patentiert ist, kostet die Behandlung 70 Cent am Tag. Der kenianische Arzt Christopher Couma berichtete in Brüssel: „Die Leute verkaufen Grundbesitz, um die Medikamente wenigstens ein paar Wochen lang zu kaufen. Wir sagen ihnen, dass sie es sich nicht leisten können.“
Statt in Forschung zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten investiere die Pharamindustrie lieber in Mittel gegen Impotenz. Von 1.233 neuen Wirkstoffen, die zwischen 1975 und 1997 auf den Markt gebracht wurden, seien nur 13 Mittel gegen Tropenkrankheiten, beklagt die Organisation. Mit ihrer Aufklärungskampagne will sie erreichen, dass sich die EU-Handelsminister bei den WTO-Verhandlungen nächste Woche in Seattle für Ausnahmeregelungen bei Heilmitteln einsetzen.
Im Notfall sollen Patente außer Kraft gesetzt werden können. Die Weltgesundheitsorganisation soll lebenswichtige Patente übernehmen können und ausgelaufene Arzneiproduktionen in Produktionsstätten in der Dritten Welt auf eigene Rechnung organisieren. Daniela Weingärtner
UNO: 2,6 Millionen Aids-Tote dieses Jahr
Genf (epd) – In Genf wurde gestern der neue UN-Bericht zur weltweiten Ausbreitung von Aids veröffentlicht. Demnach sind seit Beginn der Aids-Epidemie vor rund 20 Jahren 16 Millionen Menschen daran gestorben. In diesem Jahr werde es 2,6 Millionen Aids-Tote geben und 5,6 Millionen Neuansteckungen. Derzeit leben 33,6 Millionen Menschen mit dem Virus, davon 22,3 Millionen in Schwarzafrika. Dort sind erstmals mehr Frauen infiziert als Männer. Besonders rapide breitet sich Aids auch in der ehemaligen Sowjetunion aus. Weltweit sind 1,2 Millionen Kinder infiziert.
Zurzeit tragen 33,6 Millionen Menschen das HI-Virus in sich, darunter 1,2 Millionen Kinder. Die Jungen und Mädchen wurden meist im Mutterleib Opfer der Krankheit. Es gibt weltweit 11,2 Millionen Aids-Waisen, das heißt, die Kinder verloren ihre Mutter, bevor sie 15 Jahre alt waren.
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