Verschwörung zum Mord an Martin Luther King

■ CIA, FBI, US-Armee und Regierung, alle waren sie am Attentat auf King beteiligt

Washington (taz) – Ein Geschworenengericht in Memphis, Tennessee, hat entschieden, dass der 1968 ermordete Martin Luther King Opfer einer Verschwörung geworden ist. Der Restaurantbesitzer Loyd Jowers sei Teil dieser Verschwörung gewesen, in die auch die US-Regierung verwickelt war. Das Urteil erging in einem Zivilprozess, den die Familie King gegen Jowers angestrengt hatte. Sie klagte auf 100 Dollar Schadenersatz. Nicht ums Geld, sondern um eine Wiederaufnahme des Verfahrens ging es der Familie King.

Vertreten wurden die Kings von William Pepper, dem Anwalt von James Earl Ray, der wegen des Mordes an King zu 99 Jahren Gefängnis verurteilt worden war und letztes Jahr im Gefängnis starb. In seinem Schlussplädoyer vertrat Pepper die Ansicht, FBI, CIA, die US Armee und hohe Regierungsstellen hätten sich zur Beseitigung Kings verschworen, dessen Haltung zum Vietnamkrieg sie als Bedrohung ansahen.

Am 4. April 1968 war Martin Luther King auf dem Balkon eines Motels erschossen worden. Die Schüsse kamen aus der zweiten Etage des Hauses gegenüber, in dessen Parterre das Grillrestaurant Jowers untergebracht war. Jowers hatte das Apartment an Ray vermietet, einem kleinen Ganoven, der auf der Flucht war. Ray entging im Gegenzug für ein Geständnis einem möglichen Todesurteil. Kurze Zeit später widerrief Ray sein Geständnis. In seinen letzten Lebensjahren verbündete sich die Familie King mit Ray und verlangte einen neuen Prozess.

1978 kam ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu dem Ergebnis, dass Ray der einzige Täter war, aber möglicherweise Unterstützung gehabt haben könnte. Im März 1993 strahlte ein Fernsehkanal einen nachgestellten Prozess aus, in dem die Verschwörungstheorie erstmals voll entfaltet wurde. Kneipenbesitzer Jowers behauptete im Herbst 1993, dass er von der Mafia den Auftrag erhalten hatte, einen Killer anzuheuern. Dieser Killer sei aber nicht James Earl Ray gewesen. Jowers, der diese Behauptung nie wiederholt hat, trat im Prozess gegen Ray wegen Krankheit nicht auf.

Letztes Jahr erklärte sich das Bundesjustizministerium auf Druck der Familie King zu neuen Ermittlungen bereit. Nach dem Urteil hofft diese jetzt auf eine Neuaufnahme des Verfahrens. Gerald Posner, Autor des Buchs „Killing the Dream“, schlussfolgert in der bisher gründlichsten Untersuchung des Mordfalls, dass Ray der alleinige Täter war, und wirft der Familie vor, die Gerichte für eine Farce missbraucht zu haben. Peter Tautfest