: Ich denke, das eine oder andere hätte man doch merken müssen“
■ Hildegard Müller, Vorsitzende der Jungen Union, zu schwarzen Konten bei der CDU und der sauberen Buchführung in ihrer Organisation
taz: Heute kommen 130 CDU-Delegierte nach Berlin, um über Familienpolitik zu grübeln. Kann die CDU jetzt, da sie wie die italienischen Christdemokraten an den Rand der Selbstauflösung gerät, über Familie diskutieren?
Hildegard Müller: Natürlich kann sie das. Außerdem stehen wir nicht vor der Selbstauflösung. Es ist ganz wichtig, dass die CDU nicht in eine Politikfalle gerät und sich auf das Thema Schwarzgeld reduzieren lässt. Was aber auch richtig ist: Die volle Aufklärung der finanziellen Vorgänge muss kommen.
Was müssen die Delegierten von der Parteiführung und Helmut Kohl erfahren?
Wie der Stand der Ermittlungen ist, vor allem im Hinblick auf die fehlenden Finanzunterlagen und die ungeklärten Bareinzahlungen. Bestenfalls sollte auch der Zeitrahmen klar werden, wann wir darüber Bescheid wissen werden.
Die Junge Union will eine junge, eine andere Politik machen als die Altvorderen. Finden Sie es normal, dass mit Geld innerhalb der Partei Politik gemacht wird?
Ich finde das Parteispendengesetz richtig. Und es gibt Rechenschaftspflichten einer Partei, denen sie genügen sollte. Da gibt es kein Wenn und Aber.
Es ist unzweifelhaft, dass Kohl Parteigliederungen bezahlt hat – mit Geld aus schwarzen Kassen.
Abschließend kann ich dazu nichts sagen, ehe der Bericht der Wirtschaftsprüfer vorliegt.
Kann es sein, dass eine Parteiführung über Jahre hinweg „sonstige Einnahmen“ eingehen sieht, ohne zu merken, dass das Geld aus einem zweiten, verdeckten Finanzkreislauf stammt?
Ich sage ganz offen, dass auch ich im Nachhinein denke, das eine oder andere hätte man doch merken müssen. Aber auch hier habe ich noch keine volle Aufklärung über die Zahlen, die Vorgänge, die Funktionsweise des Systems. Ich müsste wirklich spekulieren.
Gibt es das bei Ihnen in der JU auch: Sie bekommen Geldzahlungen, ohne sich dafür zu interessieren, woher sie stammen?
Ich kann Ihnen genau sagen, was wir als Spenden bekommen und wieviel wir ausgeben. Für meine Amtszeit lege ich die Hand ins Feuer.
Haben Sie einen eigenen Verfügungsfonds wie Helmut Kohl?
Ich stimme mich eng mit meinem Schatzmeister und meinem Geschäftsführer ab, ob für eine Werbeaktion hier oder einen Kongress dort mal Ausgaben im Haushalt möglich sind. Ich könnte Ihnen jetzt im Moment nicht auf Mark und Pfennig den Kontostand sagen. Aber ich lasse mir regelmäßig Zwischenberichte geben und habe keinen eigenen Verfügungsfonds.
Haben Sie das auch gemacht, ehe Ihr Ehrenvorsitzender so unehrenhaft war?
Natürlich. Interview: Christian Füller
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