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Gedenkmarsch auf versiegelten Gullys

■ Trotz der anhaltenden Bedrohung sollen die Luxemburg-Liebknecht-Veranstaltungen am Samstag nachgeholt werden. Auch die PDS fand jetzt Drohbrief von Staps in ihrer Post. Polizei plant umfassendes Sicherheitskonzept

Ungeachtet der Attentatsdrohungen sollen am kommenden Samstag die Luxemburg-Liebknecht-Gedenkveranstaltungen nachgeholt werden. Das betonte gestern der PDS-Bundesvorstand. „Ein neuerliches Verbot wäre politisch nicht mehr rüberzubringen“, verlautete auch aus Polizeikreisen. Auch die von einem Bündnis linker Gruppierungen organisierte Demonstration soll stattfinden.

Bei der PDS sei ein „von Hass diktierter Drohbrief“ eingegangen, sagte gestern Parteichef Lothar Bisky. Dennoch gehe man davon aus, dass die Polizei ein tragfähiges Sicherheitskonzept vorlegen werde.

Bei dem gestern bekannt gewordenen Schreiben handelt es sich um das Gleiche, mit dem sich der 39-jährige Olaf Staps in der vergangenen Woche an verschiedene Zeitungen und die Polizei gewandt hat. Darin droht Staps, anlässlich der Demonstrationen am 9. oder 15. Januar mit Handgranaten und einer Maschinenpistole dafür zu sorgen, dass „einige Dutzend Aufzugsteilnehmer ihr verdientes Ende nehmen werden“.

Das Schreiben an die Partei war nach Angaben von PDS-Sprecher Hanno Harnisch nicht frankiert und an die Bundesgeschäftsstelle adressiert. Es sei schwer zu rekonstruieren, ob das Schreiben nach oder bereits vor der verbotenen Demo vom Sonntag ins Karl-Liebknecht-Haus gelangt sei.

Auch die Polizei ist entschlossen, die Demonstration am Samstag stattfinden zu lassen. Für den Fall, dass Staps bis dahin nicht festgenommen worden ist, wird der Gedenkmarsch allerdings in eine Polizeiveranstaltung ausarten. Es ist davon auszugehen, dass genug Polizisten da sein werden, um sämtliche Teilnehmer im Vorfeld zu kontrollieren. So soll das Riskio vermindert werden, dass sich Staps unter die Menge mischt. „Ausschließen können wir natürlich nichts“, sagte ein Polizeibeamter.

Unter der Devise Gefahrenminimierung läuft auch das Vorhaben, entlang der Demo-Route sämtliche Gullydeckel zuzuschweißen. Schließlich könnte Staps auch durch die Kanalisation kommen. Der Friedhof Friedrichsfelde gehört schon jetzt zu den bestbewachten Friedhöfen der Welt. Man werde jeden Grabstein umdrehen und in jede Gruft gukken, verlautete aus der Polizei. Zu derart umfassenden Sicherheitsvorkehrungen sei man bis zum vergangenen Wochenende in der Kürze der Zeit nicht in der Lage gewesen, rechtfertigte die Polizei das Demonstrationsverbot für den 9. Januar. Staatsschutz, Polizei und Innenverwaltung seien sich in der Analyse von Staps’ Brief einig, dass dieser ein zu allem entschlossener Täter sei. Die Entscheidung, den Gedenkmarsch zu verbieten, sei entgegen anders lautenden Presseberichten einvernehmlich gefallen.

Wenn es das Lagebild zulasse, werde die Demonstration am Samstag stattfinden, sagte ein Sprecher des Innensenators. Die Polizei hat gestern eine Belohnung von 10.000 Mark für Hinweise, die zur Ergreifung von Staps führen, ausgesetzt.

Nina Beier, Sprecherin der Antifaschistischen Aktion Berlin, nimmt der Polizei die Beschützerrolle nicht ab: „Uns ist durch das brutale Verhalten der Polizei klar geworden, dass es ihnen darum ging, die größte linke Veranstaltung in Deutschland zu verhindern.“ Bei einer Spontandemonstration in Friedrichshain waren am Sonntag nach Polizeiangaben 219 Personen zur Personalienfeststellung festgenommen worden.

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