: Problem bei Ökostromer
Unit energy fehlen Kunden und Geld. Der neue Vorstand soll das richten
Köln (taz) – Nach allzu optimistischen Versprechen schlittert die „unit energy europa AG“ in eine Krise. Unit ist eine der bekannteren neuen Ökostromfirmen, die mit massiver Werbung in die Öffentlichkeit gegangen sind. Nun wird jedoch die Inbetriebnahme von Wind- und Wasserkraftanlagen nach vollmundigem Anpreisen immer wieder verschoben, und die Kundenzahl bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Infolgedessen halbierte sich der Aktienkurs auf fünf Euro. Auch der für Mitte 2000 geplante Gang an die Börse wurde vertagt.
Der Kursverfall beschert dem Unternehmen ein Problem. Der Aktienemissionspreis der laufenden siebten Kapitalerhöhung liegt über dem aktuellen Kurs. Nur ein Bruchteil der Aktien ist gezeichnet. Morgen will der neue Vorstand Bernd Weber die Aktionäre auf einer Versammlung darüber informieren, „wie wir den Bau unserer Erzeugungsanlagen trotz fehlenden Kapitals aus der Kapitalerhöhung sicherstellen“. Trotz der mißlungenen siebten Kapitalerhöhung beabsichtigt unit energy, eine achte Kapitalerhöhung durchzuziehen.
Eine erste Konsequenz haben die Verantwortlichen aus der Krise gezogen. „Wir haben uns zum Jahreswechsel einvernehmlich vom Vorstandsvorsitzenden Martin Jakubowski getrennt“, sagt unit-Sprecherin Martina Scheer. Sein Nachfolger ist der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Bernd Weber. Jakubowski geriet immer wieder in die Kritik, da er die selbst gesteckten Ziele selten erreichte. Insbesondere die Projekte in Griechenland und Italien verzögerten sich über Gebühr. Exemplarisch ist der Bau der italienischen Hochdruckwasseranlage Ancinale. Das Werk sollte bereits 1998 Erträge erwirtschaften. Die Anlage ist bis heute nicht fertig.
Allzuviel Gottvertrauen hatte unit bei der Offshore-Windkraftanlage vor der deutschen Küste. „Sky 2000“ wurde das ambitionierte Projekt getauft. Bis zu 64 Windmühlen sollen 350.000 Megawattstunden Strom Gesamtleistung produzieren. Die Windräder des 300 Millionen Mark teuren Parks sollten sich 2002 erstmalig drehen. Doch mit einer Inbetriebnahme rechnet Scheer nun erst 2005.
Infolge des mäßigen Stromabsatzes werde man länger brauchen, bis unit ein positives Geschäftsergebnis vorweisen könne, erklärte Weber. 1998 erwirtschaftete das Strom-Unternehmen bei zwei Millionen Mark Umsatz ein Minus von knapp fünf Millionen Mark. Für 1999 liegen die Zahlen noch nicht vor. Brancheninsider rechnen aber mit einem Ertragsdefizit von 15 bis 20 Millionen Mark. Martin Murphy
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen