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Hilfe hautnah, wenn es juckt, brennt und kribbelt

■ Die Universität Bremen bietet eine Patientenschulung für Eltern von Kindern an, die unter Neurodermitis leiden / Hilfe in Krisenfragen steht auch auf dem Programm

Jucken, Kratzen, Jucken – rund 3,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Neurodermitis. Tendenz steigend. Das Leben mit ständig juckender und entzündeter Haut ist für Erwachsene schwierig genug. Zum Problem wird die Krankheit erst recht für Kleinkinder, die nicht verstehen, warum Kratzen schadet und der ewige Juckreiz trotzdem nicht aufhört.

Neurodermitiskranke Kinder brauchen deshalb eine sorgfältige Diagnostik, viel Zeit bei der Suche nach der richtigen Therapie und psychologische Unterstützung, weil die Krankheit oftmals eine negative Spirale in Gang setzt: Der psychische Stress wächst, die Spannung in der Familie auch, was wiederum einen neuen Krankheitsschub auslöst. Gegen diesen Teufelskreis hat das Zentrum für Rehabilitationsforschung an der Bremer Universität jetzt eine neue erfolgversprechende Behandlungsmethode entwickelt.

Patientenschulung heißt dieses spezielle Programm, das Eltern im Umgang mit der Krankheit schult. „Wir zeigen, wie die Eltern und damit letztlich auch die Kinder im Alltag mit den seelischen Belastungen fertig werden können“, erklärt Dr. Petra Warschburger, Leiterin des Projekts.

Neben den Kindern sind es nämlich vor allem die Eltern, die sich in dieser Situation ebenso hilflos fühlen sowie alleingelassen und nur ungenügend informiert vom jeweils behandelnden Arzt. Sie bekommen nun über die Patientenschulung praktische Tipps zum richtigen Eincremen, spielerische Entspannungsübungen, aber auch Rat in Krisensituationen. All das soll sie zum „zweiten Experten“ neben dem Arzt machen.

Und das müssen sie auch werden – schließlich gelten neurodermitiskranke Kinder unter den Hausärzten als „Problempatienten“. Die Gründe dafür sind vielfältig: Sie müssen intensiv in die Therapie miteinbezogen werden. Denn sie verschlimmern ihre eigene Krankheit regelmäßig durch Kratzen, schlechte Ernährung und falsche Körperpflege.

Die vom Zent- rum für Rehabilitationsforschung neu konzipierte Art psychologischer Schulung für chronisch kranke Kinder ist noch relativ neu – und könnte in Zukunft auch für andere Krankheiten Modell sein. Ähnlich wie bei Diabetes- oder Asthma-Schulungen stehen dabei nämlich vor allem psychosoziale Fragen im Mittelpunkt.

„Wir wollen möglichst wohnortnah und in Zusammenarbeit mit stationären Einrichtungen psychische Hilfe bieten“, fasst Pet- ra Warschburger von der Bremer Universität das laufende Modellprojekt zusammen. Das Patientenschulungs-Programm startet Anfang März und läuft jeweils sieben Wochen.

Anmelden können sich alle Eltern, deren Kinder höchstens sieben Jahre alt sind und denen vom Arzt eine Neurodermitis bescheinigt wurde. ten

Weitere Informationen zum Angebot „Patientenschulung“ für Eltern neurodermitiskranker Kinder vom Zentrum für Rehabilitationsforschung gibt es unter der Nummer % 0421/218 36 98 (immer vormittags).

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