piwik no script img

Strieder brach den Parteikodex

■ Mit der Annahme eines elektronischen Notizbuchs hat SPD-Senator Peter Strieder gegen Verhaltensregeln der Partei verstoßen. Vor dem Landesvorstand soll er sich heute erklären

SPD-Senator Peter Strieder hat mit der Annahme eines 900 Mark teuren elektronischen Notizbuchs bei einem Pressefest nicht nur gegen Verwaltungsvorschriften des Landes Berlin verstoßen, sondern auch gegen den Verhaltenskodex der eigenen Partei. In den Verhaltensregeln, die der SPD-Parteivorstand am 16. Oktober 1995 beschlossen hat, heißt es unmissverständlich: „SPD-Mitglieder in öffentlichen Ämtern und Mandaten dürfen keinerlei Vergünstigungen in Anspruch nehmen, die ihnen von Institutionen oder Unternehmen angeboten werden.“

Die Präambel des 10-Punkte-Katalogs enthält zudem eine Selbstverpflichtung: „Wir müssen bereit sein, für uns strenge Maßstäbe gelten zu lassen, wenn es um das Verhältnis von politischer Verantwortung und geschäftlichen Interessen geht.“ Und das zehnte Gebot des SPD-Kodex fährt schweres, moralisches Geschütz auf: „Verstöße gegen die Verhaltensregeln, sind Verstöße gegen die Grundsätze der Partei.“

Gemessen an diesen hehren Vorsätzen fällt die Kritik an den Verstößen des SPD-Landesvorsitzenden Strieder auffällig zurückhaltend aus. Vor der heutigen Sitzung des Landesvorstands wollte sich kaum ein Mitglied des 21-köpfigen Gremiums zu Strieders Fehltritten äußern. „Ich möchte das nicht kommentieren“, sagte SPD-Vize Hermann Borghorst. Er habe mit Strieder noch nicht darüber sprechen können. Aus dem gleichen Grund wollte sich auch Schatzmeisterin Ingeborg Junge-Reyer nicht äußern.

Keiner will den Landesvorsitzenden beschädigen, der sich selbst schon genug beschädigt hat. Strieder wird heute vor dem Landesvorstand – so wird es zumindest erwartet – zu seinen beiden Dienstflügen an Bord von Firmenjets und zur Annahme des Palmtop Stellung nehmen.

Letzteres ist schwerwiegender, weil Strieder damit eindeutig gegen die Ausführungsvorschriften „über die Annahme von Belohnungen und Geschenken“ verstoßen hat. Die Vorschrift, die 1990 der gestrenge SPD-Innensenator Erich Pätzold erließ, gilt ausdrücklich auch für Senatoren. Erlaubt ist nur, einen Blumenstrauß anzunehmen oder sich bei einem dienstlichen Anlass zum Essen einladen zu lassen. Bediensteten, die dagegen verstoßen, drohen disziplinarische Maßnahmen. Die Höchststrafe lautet Kündigung.

Zumindest in ihren öffentlichen Stellungnahmen neigen die Genossen dazu, Strieders Verfehlung zu bagatellisieren. So bewertete Vorstandsmitglied Hella Dunger-Löper die Annahme des Palmtop Organizer „nicht als dramatischen Faux-Pas.“ Das sähen die meisten auch so. Sie schlug aber vor, die Verwaltungsvorschrift zu präzisieren. Selbst der einstige junge Wilde, Vorstandsmitglied Matthias Linnekugel, meinte milde: „Das ist kein Beinbruch.“ Strieder habe sich ein paar blaue Flekken geholt. Zu viele dürften es aber nicht werden. Dorothee Winden

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen