: Nazis ohne Treue harmlos
■ Ermittlungen wegen Strafvereitelung gegen Polizeipräsident Woydt eingestellt
Justus Woydt kann aufatmen. Die Hamburger Staatsanschaft hat das Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung im Amt gegen den Hamburger Polizeipräsidenten eingestellt. Woydt und Mitglieder der Polizeiführung waren von dem Elmshorner IG Metall-Chef Uwe Zabel angezeigt worden, weil sie beim Aufmarsch der „Freien Nationalisten“ am 10. Juli vorigen Jahres in Bergedorf-Lohbrügge tatenlos zugesehen hatten, als militante Neonazis mit Reichskriegsflagge und der Parole „Ruhm und Ehre der Waffen SS“ durch Hamburgs Osten zogen.
Nach Auffassung des ermittelnden Staatsanwalts Bernd Mauruschat erfüllt das Skandieren der Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ allein nicht den Tatbestand der „Verwendung Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“. Zwar handele es sich bei der Wortwahl um eine „pathetische Verherrlichung“ einer nationalsozialistischen Organisation. Weil die Losung jedoch während des Hitlerfaschismus nicht in „instrumentalisierter Form“ verwendet wurde, mangele es ihr an „eigenständiger Symbolik“, die ein „Kennzeichnungscharakter“ voraussetze. Die alte SS-Losung, so Maruschat, habe vielmehr gelautet „Unsere Ehre heißt Treue“. Eine Übereinstimmung läge daher nur im Wort „Ehre“ vor, eine Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben.
Auch das Tragen des Reichskriegsbanners mit dem Eisernen Kreuz stelle keinen Straftatbestand dar, da diese nur bis 1918 von der Kaiserlichen Marine gehisst worden sei, so die Anklagebehörde weiter. Im Hitler-Faschismus sei das Eiserne Kreuz durch ein Hakenkreuz ersetzt worden. Maruschat: „Allein das öffentliche Zeigen einer solchen Flagge ist strafbar.“
Zabel bezeichnete gegenüber der taz hamburg die Entscheidung der Staatsanwaltschaft als „politisch und juristisch falsch“. Die Waffen-SS sei eine durch das Grundgesetz „verbotene terroristische Organisation“, die durch den Neonazi-Marsch durch Bergedorf und jüngst erneut in Elmshorn „verherrlicht“ werde. Der IG Metaller wirft daher den Anklägern Blindheit auf dem rechten Augen vor. „Ich möchte sehen, was in Hamburg passiert“, so Zabel, „wenn Leute durch die Stadt ziehen und rufen: ,Es lebe die RAF.“ Peter Müller
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