Schule nur für Unbetuchte

Mit Kopftuch darf Fereshta Ludin in Baden-Württemberg weiterhin nicht unterrichten. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies die Klage der Lehrerin ab

STUTTGART taz ■ Fereshta Ludin darf in Baden-Württemberg nicht Lehrerin werden. Dies entschied gestern das Verwaltungsgericht Stuttgart. Der in Afghanistan geborenen Muslimin fehle die „persönliche Eignung“ für das Lehramt, so die Richter, weil sie auch im Unterricht ein Kopftuch tragen wolle.

Schon seit drei Jahren ringt Ludin mit dem Land Baden-Württemberg. Das Referendariat durfte sie zwar mit Kopftuch absolvieren, weil der Staat beim Lehreramt über ein Ausbildungsmonopol verfügt. Anschließend wurde sie aber trotz guter Noten nicht in den Schuldienst übernommen. Die Muslimin sei für den Schuldienst nicht geeignet, erklärte Kultusministerin Annette Schavan (CDU) im Sommer 1998, da sie die „öffentliche Signalwirkung ihrer persönlichen Entscheidung“ nicht berücksichtige. In Schavans Augen ist das Kopftuch nämlich ein „politisches Symbol“, das in der innerislamischen Diskussion für „kulturelle Abgrenzung“ stehe.

So feinsinnig wurde vor dem Verwaltungsgericht allerdings nicht argumentiert. Für Regierungsdirektor Stefan Reip vom Stuttgarter Oberschulamt ist das Kopftuch schlicht ein religiöses Symbol des Islam. Deshalb dürfe es eine Lehrerin im Unterricht nicht tragen – andernfalls sei die „Pflicht des Staates zur Neutralität“ verletzt. „Frau Ludin wird als Muslimin erkannt und wirkt damit als Vorbild, ob sie will oder nicht“, erklärte der Schulamtsjurist. Durch ihr Verhalten trage sie dann „Glaubenskonflikte“ in die Schule hinein.

Das bestritt Fereshta Ludin, die auch im Gerichtssaal ihre Haare mit einem bis über die Schultern reichenden Tuch verdeckte: „Wenn Schüler mich fragen, warum ich ein Kopftuch trage, dann sage ich: ‚Weil es mir gefällt.‘“ Nach ihrer Erfahrung gingen Kinder und Jugendliche viel unverkrampfter damit um als Erwachsene. Missionieren werde sie im Schuldienst ohnehin auf keinen Fall, stellte Ludin gestern noch einmal klar. Sie wolle nur, dass das Tuch als Teil ihrer „Glaubensidentität“ respektiert werde. Ohne Tuch fühle sie sich in Gegenwart von Männern „entblößt“. Sie wird nun Berufung beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim einlegen und, „wenn die Kraft reicht“, auch bis vors Bundesverfassungsgericht ziehen. CHRISTIAN RATH