: T-Online will nicht mauscheln
Jeder fünfte Deutsche will die kleine T-Aktie kaufen. Telekom-Chef Ron Sommer sichert eine faire Verteilung der Aktien zu, möchte aber noch keine genauen Kriterien nennen. Werbung beim Börsengang: Internet gratis für alle Schulen
von REINER METZGER
Es wird der wichtigste Börsengang des Jahres, so viel ist jetzt schon klar. Am 17. April wird die Deutsche Telekom 100 Millionen Aktien beziehungsweise zehn Prozent ihrer Tochter T-Online an die Börse bringen. Es wird der größte Internet-Börsengang in Europa und damit ein Trendsetter: Wird es ein rauschender Erfolg mit anschließenden, fast garantierten Wertsteigerungen für die Aktionäre in den ersten Wochen? Oder wird es ein Flop wie einige der jüngsten Netz-Emissionen und löst damit eine längere Krise der hochgejubelten Aktien im Sektor aus?
T-Online ist mit seinen fünf Millionen Kunden auf jeden Fall der größte Internet-Versorger im Lande und damit ein wertvoller Besitz – wie wertvoll genau, dafür gibt es grobe Schätzungen: 35 bis 50 Euro soll eine Aktie kosten, berichtete die Financial Times Deutschland gestern. T-Online würde damit insgesamt 70 bis 118 Milliarden Mark kosten, so eine Berechnung der Bank Crédit Lyonnais.
Diese Preisvorstellung wird von Börsenexperten als sehr hoch eingeschätzt. Für Verärgerung auch bei Kleinanlegern dürfte die sehr breite Spanne von 15 Euro sorgen, wenn sie denn stimmt. Sie macht eine vernünftige Kalkulation möglicher Renditen sehr schwierig. Das Telekom-Managment hingegen hat dann einen breiten Handlungsspielraum, je nachdem wie viel und welche Kunden sich um Aktien bemühen.
Telekom-Chef Ron Sommer versicherte in einem Interview mit dem Stern, es werde ein gerechtes Verteilverfahren per Los und mit notarieller Prüfung geben. Gleichzeitig sagte er aber: „Über die Vergabeformel werden wir erst ganz am Ende entscheiden, das ist auch eine Frage des Marketings.“ Das klingt nicht so, als hätte die Telekom aus der Kritik anlässlich des Infineon-Börsengangs gelernt. Damals ärgerten sich viele Möchtegern-Aktionäre über ihre Chancenlosigkeit, Aktien zu bekommen, und die unklaren Verteilkriterien.
Der Analyst Jonathan Shantry von der Crédit Lyonnais sagte, die Telekom halte das Volumen für Kleinanleger sehr klein. Mit der Angebotsverknappung nutze die Telekom diesen Markt, um den T-Online-Aktienkurs und damit den Wert der bei ihr verbleibenden 90 Prozent hochzutreiben.
Die exakten Daten von Seiten der Telekom und der beauftragten Banken gibt es am 3. April, dann beginnt die Zeichnungsfrist für potenzielle Käufer. Sie reicht bis zum 12. April. Den genauen Ausgabepreis muss die Telekom einen Tag vor dem Börsengang nennen.
Der Run auf die Aktie dürfte ungeheuer sein, wie schon bei der Siemens-Tochter Infineon. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa möchte jeder fünfte Deutsche T-Online-Aktien zeichnen. Die Telekom will aber bisherige Kunden von T-Online bevorzugen.
Im Zuge des Börsengangs bietet T-Online nun einen kostenlosen Online-Zugang für alle 44.000 Schulen in Deutschland an. Die Antragsunterlagen für den Dienst T@School werden in diesen Tagen an alle staatlichen und staatlich anerkannten Schulen verschickt. Für die Internet-Anschlüsse wird die Telekom 2000 un 2001 jeweils 125 Millionen Mark investieren.
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