: Der kleine Lauscher
Als junger Stasi-Offizier hörte Martin Hufkapper die CDU ab. Oft war von Parteispenden die Rede; spannend fand er das damals nicht
Er hat nie einen Orden bekommen. Auch keinen brisanten Auslandsauftrag. Martin Hufkapper (47) war kein großes Tier bei der Stasi. Leutnant, immerhin. Beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR, Hauptabteilung III, Zentralobjekt Wuhlheide, saß Leutnant Hufkapper jeden Tag an seinem Schreibtisch und tippte Abhörprotokolle. Innendienst. 15 Jahre lang. „Es war nicht besonders spannend“, sagt Hufkapper heute. Abhören, Relevanz prüfen, Berichte anfertigen, Berichte ablegen. Über 25.000 Anschlüsse hatten er und seine Kollegen ständig zu überwachen; dass mal ein wirklich interessantes Gespräch aus dem Westen an die Ohren der Lauscher drang, war die Ausnahme: „Einmal, das muss Mitte der 80er-Jahre gewesen sein, hatte ich sogar den Kanzler in der Leitung – aber den musste ich dann an einen Vorgesetzten abgeben.“
Dafür durfte Hufkapper jahrelang den Generalbevollmächtigten der CDU-Schatzmeisterei, Uwe Lüthje, abhören. Eine ungeliebte Arbeit, die er am liebsten seinen Kollegen zugeschoben hätte: „Es war mühsam. Immer so viele Zahlen, die man mitschreiben musste.“ Nämlich Beträge, Kontonummern, Bankleitzahlen, Codes von Geheimfächern. „Außerdem hat ja nicht nur Lüthje eingesammelt. Da waren noch andere Herren.“ Mehr will Hufkapper nicht verraten; er fühlt sich an seinen Treueschwur als Stasi-Offizier auch heute noch gebunden.
Schließlich sieht Hufkapper seine frühere Tätigkeit auch jetzt noch als „den Grundstein meines geschäftlichen Erfolgs“. Jahrelang hatte er den Spitzen des Kapitalismus dabei zugehört, wie diese ihre Geschäfte absprachen – quasi Privatstunden in Sachen Geldanlage erhalten. Was lag da näher, als sich im neuen Deutschland als Investmentberater selbstständig zu machen?
Über seine Leipziger Firma, Hufkapper Investment, will sich der Inhaber, auch da noch ganz Geheimniskrämer, nur sehr spärlich äußern. Er helfe großen Westfirmen bei der Anbahnung von lukrativen Geschäftskontakten in den neuen Bundesländern: „Es gibt da vielfach noch große Kommunikationsprobleme.“ Der Standort Leipzig sei ideal: „Die Stadt entwickelt sich zum Bankenzentrum des Ostens.“ Über die Spendenaffäre der CDU war Martin Hufkapper naturgemäß kaum überrascht. Warum hat er sein Wissen nicht frühzeitig zu Geld gemacht? „Man denkt ja nicht ständig an diese alten Geschichten. Als ich dann in der Zeitung von Schweizer Konten las, habe ich dann doch gestutzt: Das hatte ich doch alles schon mal gehört.“ Und dann lacht Martin Hufkapper schüchtern.STEFAN KUZMANY
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