„Auch mal beim KGB anfragen“

■ Bremer Bundestagsabgeordnete sind über die Einbeziehung von Stasi-Abhörprotokollen im CDU-Spenden-Ausschuss nicht einig / Die Bremer Fraktionschefs von SPD und CDU schon

Zur Streitfrage, sollen Stasi-Abhörakten im Spenden - Untersuchungsausschuss eingeführt werden?, gibt sich von den Bremer Bundestagsabgeordneten nur die Bremerhavenerin Ilse Janz pragmatisch. Zwar betont die SPDlerin, „nach unserer Auffassung sollen die Materialien im Untersuchungsausschuss nicht genutzt werden“. Sie seien illegal entstanden. Zugleich schränkt die Parlamentarierin ein, „im Einzelfall, wenn es dem Untersuchungsauftrag nutzt“, könnten die Abschriften der Telefonate „vielleicht doch“ eingesetzt werden. Vorausgesetzt, „die Informationen sind verwertbar.“ Insofern als es sich beim Anlass der Ermittlungen um eine illegale Angelegenheit handele, sei dann eben „beides illegal“.

Der Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete Volker Kröning, Rechtsanwalt, ist unentschieden. Zwar sagt er: „Ich bin noch nie ein Geg-ner von Transparenz gewesen.“ Aber man müsse gründlich abwägen – wie dies derzeit im Untersuchungsausschuss noch geschehe. Bislang sei die Einführung der Protokolle in die Ermittlungen zum CDU-Spendenskandal nur nach dem Ausschuss- und Strafprozessrecht geprüft worden. Inwieweit Personen der Zeitgeschichte es hinnehmen müssten, dass solche Akten herangezogen würden, müsse jetzt bewertet werden. Dabei verwies Kröning auf Äußerungen Gaucks, wonach es ein „Öffnungsgesetz, nicht ein Gesetz, das die Unterlagen hauptsächlich verschließt“, gebe. Vielleicht müsse ein gewisser Zugang ermöglicht werden. Heute werde die SPD-Bundestagsfraktion tagen.

Der Bremer SPD-Fraktionsvorsitzende Jens Böhrnsen, ebenfalls Rechtsanwalt, hat seine Position unterdessen klar. Er hofft, dass der Untersuchungsausschuss, der in der Sache eigenständig entscheidet, die Stasi-Akten nicht heranzieht. „Wir müssen, wenn es nicht um die Täter geht, die dem Unrechtssystem zugearbeitet haben, das rechtsstaatliche Prinzip schützen.“ Selbst wer nicht mit Kohl sympathisiere, müsse sich klarmachen, dass ein ungeheurer Angriff auf die Privatsphäre stattgefunden habe. „Es gibt ja offenbar Dossiers über ihn, seit er 20 Jahre alt war.“

Zustimmung bekommt Böhrnsen da vom Grünen Justizpolitiker Hermann Kuhn und vom Bremer CDU-Fraktions-Chef Jens Eckhoff. „Da könnte man ja gleich mal beim KGB oder anderen Geheimdiensten nachfragen, ob es noch weitere Erkenntnisse gibt“, kommentiert der ironisch. Keinesfalls dürfe das kurzfristige politische Interesse an Aufklärung in der Spendenaffäre vor rechtsstaatliche Prinzipien gehen, warnt Eckhoff mit Blick auf die Bundes-Grünen.

Für die hatte Fraktions-Chef Rezzo Schlauch eine Einbeziehung der Abhör-Akten nicht ausgeschlossen. Die grüne Bundestagsabgeord-nete Marieluise Beck ist unterdessen sicher, dass es nur zu einer sehr eingeschränkten Einbeziehung der Unterlagen kommen wird. Beraten werde derzeit, dass Ausschussmitglieder Akten sichten, daraus jedoch nur vorsichige Vorhalte ableiten dürften. Tatsächlich sei das Stasi-Unterlagen-Gesetz, das das Aufklärungsinteresse über den Persönlichkeitsschutz stellt, geschaffen worden, um die Täter zu verfolgen. An „Abfallprodukte“ wie die jetzt in der Gauck-Behörde ausgewerteten Mitschnitte von abgehörten West-Telefonaten habe man nie gedacht. Rechtlich bewege sich der Ausschuss auf „dünnem Eis“, verwies die Grüne außerdem auf ein – auf Bundesebene nicht bindendes – Urteil des Landgerichts Kiel. Darin war dem Vorsitzenden des Barschel-Untersuchungsausschusses sogar untersagt worden, Stasi-Akten auf ihre Be-weiserheblichkeit hin zu prüfen.

Eine solche Entscheidung im Untersuchungsausschuss käme den Wünschen des Bremer CDU-Landesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Bernd Neumann am nahesten. Der wirbt dafür, die Aktenfrage losgelöst vom Thema zu entscheiden. Der illegale Lauschangriff sei zu verurteilen. Die illegale Tätigkeit der Stasi dürfe durch die Einbeziehung der Akten nicht im Nachhinein legitimiert werden. Dies würde zu einer „Schmutzkampagne “ führen, mit der Angehörige aller Parteien überzogen werden könnten. Inwieweit er selbst von Abhöraktionen betroffen sei, sei ihm unbekannt. ede