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Mit oder gegen den Strom ...

■ Von HJ, Hippies und Hip-Hoppern: Ausstellung im Bürgerhaus Vegesack thematisiert Jugendbewegungen im 20. Jahrhundert

Null Bock, Spaß oder Gewalt: Wenn Jugendliche heutzutage Schlagzeilen machen, dann meistens im Zusammenhang mit diesen Begriffen. Die Jugend von heute erscheint desinteressiert, faul, fun-orientiert und gewalttätig. Doch die unlängst veröffentlichte aktuelle Shell-Jugendstudie zeichnet ein ganz anderes Bild der Generation 2000. Interesse am gesellschaftlichen Geschehen sei sehr wohl vorhanden, meint dazu Heiner Erling vom Bremer Lidice-Haus. Allerdings fehle den jungen Leuten meist Wille und Mut sich zu engagieren und zu organisieren.

Dem will ein Projekt der Bremer Internationalen Friedensschule entgegenwirken, zu dem auch das Lidice-Haus beiträgt. Die Vorbereitungen für die interaktive Ausstellung vom 22. bis 30. September im Gustav-Heinemann-Bürgerhaus in Vegesack laufen auf vollen Touren. „Wir wollen die gute alte Tugend Zivilcourage wieder in die Diskussion der Bremer Bevölkerung bringen“, erklärt Projektkoordinatorin Inge Heydt. Vor allem die Jugendlichen sollen sehen, wie Engagement und Protest junger Leute in den vergangenen 100 Jahren in Deutschland aussah und aussieht. „Das soll sie sensibilisieren und ein Anstoß sein, um den Mund auf zu machen und selbst aktiv zu werden“, erhofft sich Heydt.

Geplant sind sechs so genannte Zeitcafés im Saal des Bürgerhauses. Jedem Café ist eine zeitliche Epoche des 20. Jahrhunderts zugewiesen. Auf jeweils drei beigestellten Tafeln werden die entsprechenden Jugendbewegungen und Jugendproteste vorgestellt. Das Spektrum reicht von den Wandervögeln Anfang des Jahrhunderts bis zur jugendlichen Opposition in der DDR. Dazwischen liegen die Bündische Jugend in der Weimarer Republik; die Swing-kids, die Weiße Rose und die Hitlerjugend im Nationalsozialismus; die Pfadfinder; die Hippies und die Studenten- und Frauenbewegung in den 60er Jahren, und schließlich die Punks. Diese Schlaglichter sollen ein chroenologischer Leitfaden durch die – oft sehr gegensätzlichen – Welten der Jugend im vergangenen Jahrhundert sein. „Damit sich die BesucherInnen in die jeweilige Bewegung besser hineinversetzen können, werden die Zeitcafés zum Beispiel mit typischen Gegenständen, Musik und Zeitschriften der jeweiligen Zeit erweitert“, erklärt Inge Heydt das Projektkonzept. Neben materiellen Überbleibseln vergangener Zeiten sind für sie die ZeitzeugInnen besonders wichtig. In jedem Café sollen Menschen sitzen, die damals jung waren und von Eindrücken, Erlebnissen und Engagement ihrer Jugend erzählen und mit heutigen Jugendlichen ins Gespräch kommen wollen. So soll die Ausstellung nicht zum langweiligen Geschichtsunterricht verkümmern, sondern zu einer echten Zeitreise werden. Deshalb sind alle Generationen angesprochen, Zivilcourage an Beispielen aus ihrer Jugend zu erklären.

Es soll aber nicht nur in der Vergangenheit gegraben werden. Auch die heutige Jugend hat ihren Platz. Raver, Hip-Hopper und Skater symbolisieren die neuen Life-Style-Jugendkulturen der 90er Jahre. Aber auch Streiks und Proteste von SchülerInnen und StudentInnen gegen Bildungsnotstand, Krieg oder Rassismus werden thematisiert. Im Foyer des Gustav-Heinemann-Hauses sollen verschiedene Bremer Gruppen und Initiativen auf einem „aktuellen Markt der Möglichkeiten von Zivilcourage“ ihre Projekte vorstellen. Und im begleitenden Kulturprogramm sind Theater- und Filmvorführungen, Konzerte, Tanz oder sportliche Darbietungen geplant. 20 Gruppen aus Bremen und umzu haben ihre Beteiligung und Unterstützung für das Generationen-Projekt bereits zugesagt.

Tina Bauer

Die interaktive Ausstellung „Gegen den Strom“ist vom 22. bis 30. September im Gustav-Heinemann-Bürgerhaus, Kirchheide 49 zu sehen. Informationen für weitere interessierte Gruppen gibt es unter der Telefon-Nummer 65 08 05.

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