Union setzt auf Schwule

CDU-Vorsitzende Merkel und CSU-Chef Stoiber befürworten Kampagne gegen rot-grünes Gesetz zu Lebenspartnerschaften. Hessens Ministerpräsident Koch ist gegen öffentliche Aktionen

BERLIN taz ■ Die CDU will die von der Bundesregierung geplante Eingetragene Lebenspartnerschaft für Homosexuelle zu einem „Schwerpunkt der Opposition“ machen. Das rot-grüne Projekt bedeute „einen inakzeptablen Einschnitt in die gesellschaftspolitischen Grundvorstellungen“, schrieb Parteichefin Angela Merkel in einem gestern veröffentlichten Brief an die Landes- und Kreisverbände. Gegen das Projekt müsse auf allen Ebenen gekämpft werden. Der rot-grüne Gesetzentwurf zur Gleichstellung homosexueller Partnerschaften gehe„weit über die Beseitigung rechtlicher Hindernisse“ hinaus, „für die sich die CDU auch einsetzt“. Der Entwurf sieht ein eigenes Rechtsinstitut mit weitgehender Gleichheit zur Ehe, aber weder Adoptionsrecht noch Ehegattensplitting vor.

Offen bleibt, ob die Merkel-Order womöglich lediglich dazu dient, der konservativen CDU-Basis ein Ventil für ihre Ressentiments zu verschaffen.

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber bezeichnete gestern in einem Interview mit der Welt am Sonntag die finanzielle Gleichstellung homosexueller mit heterosexuellen Paaren als „absolut falschen Weg“, der die Sozialkassen Milliarden koste. Der CSU-Chef konnte für seine Rechnungen freilich keine Quellen nennen – aus verständlichen Gründen: Es gibt sie nicht. Vielmehr weist diese Äußerung darauf hin, dass die Union das „wichtige Anliegen in dieser Legislaturperiode für die rot-grüne Koalition“ (Kanzler Schröder) zu ihrem eigenen umfunktionieren will: vor allem mit Hilfe der Bevölkerung, von der prominente Unionspolitiker annehmen, dass sie diese Reform ablehnt.

Der Spezialist für populistische Politik, Hessens Ministerpräsident Roland Koch (Stichwort: Unterschriftenaktionen gegen den Doppelpass für Ausländer), hat sich allerdings gegen eine öffentliche Aktion ausgesprochen. Der Spiegel zitiert ihn mit den Worten: „Ich glaube nicht, dass die Ordnung der Rechtsverhältnisse Homosexueller in Deutschland von vielen für essenziell gehalten wird.“ Ebenso argumentierte vor einer Woche der CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Alois Glück, der Aktionen gegen Homosexuelle mit dem Hinweis ablehnte, die Union sollte keine Politik gegen Minderheiten wie die der Homosexuellen machen.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz kündigte Ende voriger Woche an, seine Partei werde gegen das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, sollte die Koalition den Entwurf verabschieden. JAN FEDDERSEN