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Punkte für Hilde Adolf nur auf Kredit

Wie man auch mitten im Sommerloch politisch Punkte machen kann: Die seit Jahren angespannte Lage in Kattenturm hat Hilde Adolf scheinbar mit einem Federstrich entschärft. Oder eigentlich sogar ohne den: Denn es mussten nicht einmal Verträge gekündigt werden. Sie laufen einfach aus. Und alle sind zufrieden. Gestresste Sozialarbeiter und Polizisten können die Tage bis zur Atempause zählen. Die Laubenpieper werden sich mit der Aussicht auf Verbesserung leichter in Toleranz üben können. Die Beamten haben alle Zeit der Welt, vernünftige Alternativen zu suchen.

Nur die Bewohner werden ein Stück Lebensqualität einbüßen: Häuser, die auf ihren Bedarf zugeschnitten sind. Aber dafür kommen sie aus der Isolation heraus, werden das Stigma des Gettos los. Wie gut das wirklich ist, wird sich erst nach 2003 zeigen. Dann muss das Sozialressort zeigen, dass es ihm mit der Integration ernst ist. Nur wenn die Menschen nicht von einem Getto ins nächste geschoben werden, wenn nicht große Familien in winzige Wohnungen gestopft werden, wenn sie dort wohnen, wo Integrationsangebote sind, statt anders herum – dann ist Integration möglich. Das muss der Standard für die Zukunft sein, hinter den die Bremer Sozialpolitik nicht wieder zurückfallen darf. Auch wenn das eigentliche Dilemma der Integration damit nicht behoben ist: Ohne gesicherten Aufenthalt bleibt eine neue Gesellschaft wenig attraktiv.

Jan Kahlcke

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