: Merkel macht ein Ölfass auf
Die CDU will mit einer Kampagne gegen die Ökosteuer die Herzen der Autofahrer erfreuen.SPD und Grüne bleiben hart. Spediteure kündigen Aktionen an, Bahn will Preise erhöhen
BERLIN taz ■ Mit Postkarten und Aufklebern will die Opposition gegen die Ökosteuer mobilisieren. CDU und FDP kündigten gestern nach ihren Partei-Präsidiumssitzungen in Berlin jeweils Kampagnen gegen die Steuer an. Die Regierung erklärte erneut, an der Umweltsteuer festhalten zu wollen.
„Weg mit dieser (Ö)KO-Steuer“ heißt es auf einem Aufkleber, den die CDU-Bundesgeschäftsstelle über ihre Kreisverbände verbreiten will. Eine Postkarte gegen die „Abkassiererei der Bundesregierung“ will die FDP unter die Autofahrer bringen. Damit blieben die beiden Parteien leicht hinter den Protestformen im Ausland zurück. In Brüssel brachten gestern hunderte belgische Fernfahrer den Verkehr weitgehend zum Erliegen, indem sie Zufahrtsstraßen blockierten.
CDU-Parteichefin Angela Merkel wandte sich gegen solche Protestformen, äußerte aber Verständnis. Die Bundesregierung verhalte sich „ziemlich arrogant und an den Wünschen der Leute vorbei“. Da müsse man sich nicht wundern, wenn auch deutsche Lastwagenfahrer so vorgingen.
Die bestehende Ökosteuer sei in sich unlogisch und von der „Gesamtkonzeption her falsch“. Der Slogan heiße daher „Weg mit dieser Ökosteuer“, sagte die CDU-Parteichefin. „Ich betone das als ehemalige Umweltministerin.“
Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber warf der Regierung mit ihrem Festhalten an der Ökosteuer eine „höhnische und arrogante“ Reaktion auf die steigenden Preise vor.
Noch etwas weiter geht die FDP. Sie will neben der Öko- auch gleich noch die Kraftfahrzeugsteuer abschaffen. FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle warf der Bundesregierung „Preistreiberei“ vor.
Der augenblickliche Preisanstieg ist allerdings auf die Geschlossenheit der Ölförderstaaten zurückzuführen. Trotz der Ankündigung der Opec, die Produktion um 800.000 Fass pro Tag steigern zu wollen, sank der Rohölpreis gestern nur um eineinhalb Prozent.
Dennoch blieben Bundesregierung und SPD-Spitze hart. „Weder Ökosteuer noch Kfz-Steuer können reduziert werden“, referierte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering das Ergebnis der SPD-Präsidiumssitzung. Bundeskanzler Schröder warf der Union vor, eine verantwortungslose Kampagne führen zu wollen. Die größte Oppositionspartei rufe indirekt zu Verkehrsblockaden und damit zum Straftatbestand der Nötigung auf, kritisierte Schröder.
Der Parteirat der Grünen beschloss einstimmig, die Ökosteuer nicht auszusetzen. Anstelle neuer Subventionen wolle man auf Energiesparen setzen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin erklärte, Autofahren sei in Deutschland in den vergangenen 30 Jahren stetig billiger geworden. „Wäre der Spritpreis in dieser Zeit ähnlich rasant gestiegen wie die Bahntarife, würde ein Liter Benzin heute 4,70 Mark kosten.“ Die Bahn erklärte gestern, angesichts der höheren Dieselkosten die Preise im Nahverkehr erhöhen zu müssen. Ein Antrag werde in Kürze bei den Ländern gestellt.
Nach ersten Blockaden am vergangenen Wochenende planen deutsche Fernfahrer heute eine Kundgebung vor dem Landtag in Saarbrücken mit einem Konvoi von 100 Lastwagen. Eine ähnliche Aktion wird für die zweite Wochenhälfte auch in Hannover geplant. Morgen will der Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik (BGL) über weitere Protestaktionen entscheiden. M. URBACH
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