: Polizeischutz reicht nicht aus
Nach dem Anschlag auf die Synagoge am Fraenkelufer wird der Sicherheitsdienst der Jüdischen Gemeinde aufgestockt. Werthebach verurteilt „unzweifelhaft antisemitischen Hintergrund“ der Tat
von BARBARA BOLLWAHNDE PAEZ CASANOVA
Nachdem in der Nacht zum Freitag Unbekannte zwei Scheiben der Synagoge am Fraenkelufer in Kreuzberg eingeworfen haben, werden erneut die Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Einrichtungen diskutiert.
Innensenator Eckart Werthebach (CDU) erklärte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, und Polizeipräsident Hagen Saberschinsky, dass die Polizei nicht in der Lage sei, alle Einrichtungen 100-prozentig zu schützen. Zugleich verurteilte Werthebach die Schändung als eine Tat, „die unzweifelhaft einen antisemitischen Hintergrund“ habe. Nachama sagte, dass die deutsche Gesellschaft gefragt sei, die „im Augenblick in einem Besorgnis erregenden Zustand ist“. Er kündigte an, dass die Jüdische Gemeinde ihren privaten Sicherheitsdienst um zehn Personen erhöhen werde. Wie viele Wachschützer derzeit im Einsatz sind, wollte der Sicherheitsdienst der Jüdischen Gemeinde nicht sagen.
Die Polizei schützt nach Angaben des Innensenators gegenwärtig 49 jüdische Einrichtungen in der Stadt mit 278 Polizisten. Die Synagogen in der Oranienburger Straße und in der Fasanenstraße werden rund um die Uhr bewacht. Bei den anderen fünf Synagogen, wie der in der Fraenkelstraße, teilen sich Polizei und Sicherheitsdienste die Bewachung. Bei Gottesdiensten oder an Festtagen würden die Maßnahmen verschärft.
Die Grünen-Chefin Renate Künast forderte die Vorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien auf, mit der Teilnahme an einem Sabbat-Gottesdienst ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Auf Einladung Nachamas wollten gestern Abend Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), Renate Künast, die Generalsekretäre von CDU und FDP, Ruprecht Polenz und Guido Westerwelle, sowie die PDS-Landeschefin Petra Pau an einem Gottesdienst in einer Synagoge in Charlottenburg teilnehmen.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Wolfgang Wieland, forderte eine Überprüfung der Schutzmaßnahmen. Es sei „beschämend“, dass jüdische Einrichtungen geschützt werden müssten, und es sei „völlig unakzeptabel“, wenn dies nicht funktioniere. Der evangelische Bischof von Berlin und Brandenburg, Wolfgang Huber, verlangte, der Staat müsse alles tun, um jüdische Einrichtungen zu sichern.
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