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Kein Ja-Wort Bremens zur Homo-Ehe

■ Henning Scherf hat sich abschließend positioniert: Der Bundesinitiative zur Homo-Ehe wird er im Bundesrat nicht zustimmen, auch wenn die SPD-Bürgerschaftsfraktion dafür ist

Eine Zustimmung Bremens zur Homo-Ehe wird es im Bundesrat nicht geben. Noch bevor sich Bürgerschaft und Senat mit dem Thema befasst haben, hat sich Henning Scherf im taz-Portrait festgelegt: Ganz sicher werde er sich enthalten, sagte Scherf, „dafür riskiere ich doch keinen Koalitionskrach“.

Damit hat Scherf mit einem Machtwort die Position der SPD-Bürgerschaftsfraktion vom Tisch gewischt. Zwar ist eine breite Mehrheit der 47 Abgeordneten für die Initiative der rot-grünen Bundesregierung – 40 von ihnen unterzeichneten eine Petition zum Thema „Bremen sagt ja“. Doch das Abstimmungsverhalten für die drei Bremer Bundesrats-Stimmen wird im Senat festgelegt. Und da gilt: Wenn Uneinigkeit zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD besteht, dann muss sich das Bundesland enthalten.

„So weit sind wir noch nicht“ erinnerte gestern SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen. Für ihn ist der Gesetzentwurf zu eingetragenen Lebensgemeinschaften ein „wichtiges, notwendiges, ja: überfälliges Modernisierungsprojekt“. Er fordert ein: „Ehe man sich auf das Abstimmungsverhalten im Bundesrat festlegt, muss es wenigstens eine Auseinandersetzung geben“.

Doch die CDU hat sich längst festgelegt. Bereits im Juli hatte CDU-Bürgermeister Hartmut Perschau erklärt, der Gesetzentwurf sei ein „Angriff auf die Keimzelle der Gesellschaft“ und: „Wir brauchen keine Privilegien gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften“. In einzelnen Punkten können sich Teile der Bremer CDU zwar Verbesserungen für Schwule und Lesben vorstellen – etwa beim Miet- oder Zeugnisverweigerungsrecht. Schon ein ausgedehntes Auskunftsrecht für schwullesbische Partner im Krankenhaus wird allerdings abgelehnt. Der Chef der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Jens Eckhoff, erklärte gestern, man hoffe nun gar auf ein „Nein“ Bremens im Bundesrat.

Verschiedene SPD-Bürgerschaftsabgeordnete zeigten sich gestern verwundert über Scherfs Äußerung. Unisono wurde gefordert, zuerst mit der Fraktion zu beraten. Auch der SPD-Unterbezirkschef Wolfgang Grotheer sagte, es gebe „eigentlich noch keinen Grund, sich festzulegen“. Die Äußerung Scherfs „verstehe ich nicht“. Die enttäuschtesten Worte fand Michael Engelmann, einziger bekennender Schwuler in der Bürgerschaft und Schwuso-Chef: „Das ist ein demotivierender Tiefschlag für uns“, sagte er. „Ich fürchte, dass ist jetzt entschieden“.

Jörg Hutter, Mitglied im Landesvorstand der Grünen, hätte nicht gedacht, „dass Scherf die Diskussion so einfach platt macht.“ Für ihn signalisiert der Bürgermeister mit seinen Äußerungen „die totale Miss-achtung von Schwulen und Lesben“. Dass die SPD-Fraktion sich jetzt noch wehrt, erwartet er nicht: „Wenn's hart wird, kneifen die.“ Hartmut Klüver vom Rat & Tat-Zentrum empört sich vor allem über Scherfs Rhetorik: „Einerseits redet er immer über Toleranz und Liberalität – und jetzt lässt er seinen Worten keine Taten folgen.“

Schwuso Engelmann hofft nun, dass die Basis den Bürgermeister doch noch zum Kampf in der Sache bewegen kann: Er hofft auf einen entsprechenden Beschluss des SPD-Landesparteitags am 18. November. Erst vor zehn Tagen hatte CDU-Chef Böhrnsen auf einer Podiumsdiskussion für das Thema geworben: „Wenn man lautere Stimmen hört, dann müsste der Senat darauf eingehen“.

Tatsächlich scheinen nur noch die Massen eine Möglichkeit zu haben, den Regierungschef umzustimmen. Nur rund 2.000 Menschen unterschrieben in Bremen bislang die Petition „Bremen sagt ja“ – allerdings auch aus logistischen Gründen. Ab Mitte November will Engelmann wieder auf der Straße stehen, um doch noch für die Sache zu werben. cd

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