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Kohl, Birthler und die Akten

Telefonprotokolle sind schon lange zugänglich

Wird Helmut Kohl in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, wenn, wie von der Gauck-Behörde beabsichigt, dessen von der Stasi mitgeschnittenene Telefonprotokolle zugänglich gemacht werden? Kohl, der vor dem Berliner Verwaltungsgericht Klage eingereicht hat, argumentiert, die Telefonate seien mit illegalen Mitteln durch einen Unrechtsstaat erworben worden.

Im Kern geht es im Konflikt der Gauck-Behörde, die heute von Marianne Birthler geführt wird, darum: Erhält der im Stasiunterlagengesetz privilegierte Personenkreis aus Wissenschaftlern und Journalisten die Möglichkeit, die Akten einzusehen? Im Gesetz heißt es dazu unter anderem: „Personenbezogene Informationen dürfen nur veröffentlicht werden, wenn es sich um Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger in Ausübung ihres Amtes, soweit sie nicht Betroffene oder Dritte sind“. Zusammenschnitte von Telefonprotokollen wurden in der Vergangenheit von der Gauck-Behörde öffentlich gemacht. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Jacob hatte diese Praxis in den 90ern geprüft, aber nicht beanstandet. Erst im Zusammenhang mit westlichen Politikern wandte er ein, die Telefonate verletzten deren Persönlichkeitsrechte.

Bundesinnenminister Otto Schily hatte kürzlich damit gedroht, Birthler per Rechtsaufsicht die Herausgabe der abgehörten Kohl-Telefonate zu untersagen. Birthler selbst will die Akte herausgeben, aber für Ende Januar erwartete Entscheidung des Gerichts abwarten. Kanzler Gerhard Schröder hat nunmehr in Journalistenkreisen streuen lassen, daß auf „absehbare Zeit“ Schily keine Weisung erteilen werde. Schwierig wird es ohnehin: Für eine Anweisung bräuchte Schily einen Kabinettsbeschluss - also auch die Zustimmung der grünen Minister, deren führende Partei- und Fraktionschefs sich gegen eine Sperrung der Kohl-Akten ausgesprochen haben.SEV

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