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Gewerkschafter zu Banker

DAG-Chef Issen fordert eigenen Gewerkschaftsfonds. DGB plädiert für Ethik-Kriterien

BERLIN taz ■ Sollen Gewerkschaften eigene Investmentgesellschaften gründen, um für die Altersvorsorge ihrer Mitglieder hohe Renditen zu erzielen? Die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG) beantwortet diese Frage jetzt mit einem ketzerischen „Ja“. Vorsitzender Roland Issen: „Wir müssen Konzepte entwickeln, wie die Riesensummen der private Zusatzversorgung renditeträchtig angelegt werden.“ Issen hält gar die Gründung einer eigenen Investmentgesellschaft für „vorstellbar“.

Ausgelöst hat den DAG-Vorstoß die rot-grüne Rentenreform. Allerdings sieht diese bislang gar keinen Pensionsfonds nach angelsächsischem Muster vor, sondern lediglich Pensionsfonds, die dem Versicherungsrecht unterliegen. Dieses begrenzt den Anteil von Aktien auf 30 Prozent des Anlagevolumens. Wenn die Riester-Reform unbeschadet den Vermittlungsausschuss übersteht, können Beschäftigte schon ab 2002 bis zu 4 Prozent ihres Bruttolohns (maximal 4.176 Mark im Jahr) steuer- und abgabenfrei in eine betriebliche Altersvorsorge umwandeln. Legen sie dagegen ihr Geld privat in ein zugelassenes Altersvorsorgeprodukt an, fördert der Staat nur 1 Prozent des Einkommens.

Für Arbeiter und Angestellte lohnt sich daher die „betriebliche“ Altersvorsorge. Bei ihr sitzen die Gewerkschaften mit im Boot, denn eine solche Entgeltumwandlung will die Bundesregierung unter Tarifvorbehalt stellen. Arbeitnehmer und Betriebe – sie sparen Sozialabgaben und Steuern – können nur von der Rentenreform profitieren, wenn sie darüber einen Tarifvertrag abschließen. In diesem könnte auch eine Anlagestrategie für das Rentenkapital stehen.

Die IG Metall reagierte verärgert auf den Issen-Vorstoß. „Wir sehen das sehr kritisch“, sagt eine Sprecherin. Das Kursrisiko sei zu hoch und ein reiner Gewerkschaftsfonds komme für die IG Metall grundsätzlich nicht in Frage. „Gewerkschafter sind nicht die besten Geldmanager.“ Allenfalls leise wird über konkrete Modelle nachgedacht. Dazu gehört ein skandinavisches, in dem Regierung, Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam über branchenweite Pensionsfonds wachen.

Eine zur Riester-Reform passende Pensionskasse startet die IG Bauen-Agrar-Umwelt bereits am 1. April, zusammen mit den Arbeitgebern. Über die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes wird für die ganze Branche eine zusätzliche, kapitalgedeckte Tarifrente gesichert. Die Geldgewerkschaft HBV ist dagegen noch offen für Modelle, will zunächst den Gründungskongress von Ver.di im März abwarten.

„Sicherheit geht vor Rendite“, sagt Heinz Putzhammer vom DGB-Bundesvorstand und fordert, dass die neuen Pensionsfonds bei der Anlage „ethische Kriterien“ berücksichtigen müssen. DAG-Chef Issen will dagegen mit seinem Gewerkschaftsfonds vor allem eins – eine möglichst hohe Rendite. Soziale oder ökologische Kriterien für die Anlagepolitik lehnt er ab. Issen: „Es geht hier nicht um einen zusätzlichen Hebel zur Mitbestimmung.“

HERMANNUS PFEIFFER

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