: Vater Staat ist in der Verantwortung
Inhaftierte Vietnamesin wird Mutter. Entscheidung über den Verbleib des Kindes im Gefängnis steht noch aus
Die Schwangerschaft einer Siebzehnjährigen Vietnamesin, die wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft sitzt, stellt die Justizverwaltung vor große Probleme. Das Kind wird Ende April zur Welt kommen. Die Frage ist, was dann mit ihm passieren soll.
Nach Angaben des Anwalts der Frau, Jasper Graf von Schlieffen, hat es die Frauenhaftanstalt aus personellen und organisatorischen Unzulänglichkeiten abgelehnt, das Kind im Gefängnis aufzunehmen. Dieser Darstellung hat Justizsprecher Karsten Ziegler mit dem Hinweis widersprochen, die Frage der Unterbringung sei „noch offen“. Die Justizverwaltung habe das zuständige Jugendamt und die Leitung der Frauenhaftanstalt gebeten, „gemeinsam und mit der gebotenen Eile nach der für die Entwicklung des Kindes günstigsten Lösung zu suchen“.
In die Prüfung müsse mit einbezogen werden, ob die der deutschen Sprache nicht mächtige Mutter zur Pflege und Erziehung ihres Kindes unter Haftbedingungen in der Lage sei. Dabei müssten die noch unbekannt lange Untersuchungs- und Strafhaft berücksichtigt werden. „Gegebenenfalls“ solle nach „Unterbringungsalternativen“ gesucht werden, „die das Mutter-Kind Verhältnis so weit wie möglich zu fördern in der Lage sind“, erklärte Ziegler vieldeutig.
Der Anwalt Graf von Schlieffen hat erklärt, im gesamten Frauenvollzug gebe es keine Mutter-Kind-Plätze mehr. Die nach dem Strafvollzugsgesetz vorgeschriebenen, besonders ausgestatteten Haftplätze seien unter der Ägide des Regierenden Bürgermeisters Diepgen „stillschweigend abgeschafft“ worden. Justizsprecher Ziegler wies dies als „unsubstantiierte Behauptung“ zurück. „Nach wie vor“ sei eine Unterbringung von Mutter und Kind „nach Prüfung der jeweiligen Gegebenheiten im Einzelfall möglich“.
Das Jugendamt hatte zunächst angeboten, die Vietnamesin und ihr Baby in einer externen Einrichtung unterzubringen. Die zuständige Strafkammer bestand jedoch auf Haftfortdauer. Die 17-Jährige soll zusammen mit einer anderen Vietnamesin im Sommer vor Gericht gestellt werden. Die Tat geschah im Zigarettenhändlermilieu. Die beiden Frauen sollen einen Schützen gedungen haben. Das Opfer, ebenfalls ein Landmann, hat überlebt.
PLUTONIA PLARRE
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