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„Wie Merkel in Lacroix-Kleidung“

Rudolf Scharpings Schwimmbadfotos auf Mallorca empfinden normale Menschen als schlechten Gag, sagt der Imageberater und frühere „Bild“-Vizechef Hans-Erich Bilges. „Immer mehr Politiker verbiegen sich und wollen mal so ganz anders wirken“

Interview GEORG LÖWISCH

taz: Herr Bilges, Verteidigungsminister Scharping und Gräfin Pilati haben aus dem Swimmingpool heraus eine Privatoffensive gestartet. Sieg oder Niederlage?

Hans-Erich Bilges: Eine klare Niederlage. Ich kenne niemanden, der nicht die Nase rümpft. Da sind mit dem Mann die Hormone durchgegangen.

„Besser als ein düsterer Wehrminister“, schreiben Ihre Exkollegen von Bild.

Das mag ja sein. Aber sich kurz vor der Entscheidung über den deutschen Mazedonien-Einsatz so mit der Gräfin fotografieren zu lassen ist politisch töricht und auch eine Stilfrage. Es bedarf nicht vieler Fantasie, um vorher zu wissen, dass das ein politischer Sprengsatz ist.

Gräfin und Minister, das ist doch ein Traumpaar.

Na ja. Jedenfalls ist zumindest genauso richtig, dass die Pose nicht passt.

Was haben Sie gegen die Pose? „Jeder Mensch“, sagt Scharping, „darf seine eigenen Gefühle offen zeigen.“

Scharping hat das Image des soliden, ordentlichen Parteisoldaten. Und dann plantscht er auf einmal mit einer Gräfin und lässt sich dabei auch noch fotografieren. Rudolf Scharping mit Playboyattitüde: das ist eine komische Nummer.

Was wäre geschickt gewesen?

Scharping ist ein guter Radfahrer. Das passt auch zu ihm. Warum fährt er mit seiner Gräfin nicht durch die Berge?

Ist es nicht ein positives Signal für die Schröder-Regierung, wenn ein Minister zeigt: „Uns geht es so gut, dass wir uns so etwas leisten können“?

Ewige Griesgrämigkeit und Galligkeit ist auch schlecht, da haben Sie Recht. Man muss es aber so austarieren, dass es nicht wie ein schlechter PR-Gag daherkommt. Die Menschen lassen sich durch so was zunehmend weniger beeindrucken. Die Politiker sollten höllisch aufpassen, die Medien weiter so zu missbrauchen und dabei zu glauben, besonders pfiffig zu sein.

Entstehen derartige Imagepannen, wenn Pressesprecher sich um die Politik kümmern, die Politiker sich aber für Privat-PR verantwortlich fühlen?

Das ist ein Problem. Aber letztlich müssen die Politiker sich selber fragen: Was will ich von mir zeigen? Immer mehr Politiker vergessen und verbiegen sich und wollen eben mal so ganz anders wirken. Was Scharping da gemacht hat, ist, als käme Angela Merkel auf die Idee, sich in Lacroix-Kleidung ablichten zu lassen. Dann wäre sie nicht mehr Angela Merkel. Sie ist, wie sie ist.

Scharping sagt, der normale Mensch reagiere auf seine Fotos mit Autogrammwünschen.

Da soll er mal genau hinschauen, wer solche Wünsche hat. Die Menschen spüren, wenn ihnen eine Show vorgeführt wird. Die wollen nicht für dumm verkauft werden. Und deshalb fällt das dem Minister jetzt auf die Füße.

Gab es solche privaten Urlaubsfotos von Spitzenpolitikern früher auch?

Früher waren wir auch mit Franz Josef Strauß in den Bergen oder haben Helmut Schmidt am Brahmsee besucht, aber die erlaubten Fotos passten zu den beiden.

Sie durften Schmidt und Loki nie beim Baden fotografieren?

Niemals, der Schmidt hätte uns vom Hof gejagt. Der hat sich an seinen Resopaltisch gesetzt, hat seine Kochwurst rausgeholt und seinen Tauchsiedertee. Damit verkörperte er eben auch genau die Normalität, die zu ihm passte. Das war echt, und die Menschen haben das honoriert.

Und Strauß?

Können Sie sich vorstellen, Strauß hätte sich beim Fitnesstraining fotografieren lassen? Der hat ganz genau gewusst, dass zu ihm das Bergwandern in krachledernen Hosen passt. Da kann Scharping viel lernen.

Sollten Politiker die Journalisten nicht so nah ranlassen?

Politiker sind sehr gut beraten, sich zu öffnen und auch in ihrer Menschlichkeit darzustellen. Aber wie gesagt: Sie dürfen keine Vorstellung geben, die unecht ist oder lächerlich wirkt.

Die CDU fordert jetzt Scharpings Rücktritt. Wie kommt denn das an?

Dazu fällt mir gar nichts mehr ein. Wenn die nicht aufpassen, bekommen sie von Scharpings Peinlichkeit auch noch etwas ab.

Und wie kommt Scharping da jetzt wieder raus?

Indem er nichts mehr sagt und fleißig arbeitet. Dann wird sich das schnell wieder totlaufen und nur einen momentanen Schaden hinterlassen.

Also keine Rechtfertigungsinterviews mehr?

Absolut. Am besten sollte er sagen: Jetzt arbeiten wir erst mal bis Weihnachten. Und dann kann er sich ja mit Gräfin unterm Tannenbaum fotografieren lassen.

politisches buch SEITE 18

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