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Der Admiral, der keine Ampel mag

Rudolf Lange hat in der Hamburger FDP schnell Karriere gemacht. Jetzt will er auch regieren – aber nicht mit Rot-Grün

Parteimitglied wurde er erst am Abend, bevor er der Öffentlichkeit als Hamburger FDP-Spitzenkandidat präsentiert wurde. Rudolf Lange ist das, was man gemeinhin einen politischen Quereinsteiger nennt. Mit der Parteipolitik hatte Lange bis vor einem Jahr nicht viel am Hut. Doch jetzt hat er es, auf dem Bundestrend surfend, geschafft, die Hanse-Liberalen aus der politischen Unbedeutsamkeit wieder auf die Titelseiten der Hamburger Zeitungen und möglicherweise demnächst gar auf die Senatsbänke im Rathaus zu bringen.

Wenn die FDP sich als die Partei der jungen, dynamischen Leute geriert, dann ist Lange dafür sicher kein Paradeexempel. In dem Alter, in dem er in die Politik einstieg, haben andere ihre Karrieren längst hinter sich und bereiten sich auf den politischen Ruhestand vor. Der pensionierte Berufssoldat ist fast 60 Jahre alt – entsprechend groß war auch parteiintern die Skepsis, als der damalige glücklose Landeschef Kurt Hansen den Konteradmiral Lange als neuen Hoffnungsträger der Liberalen vorstellte. Die Skeptiker hat Lange inzwischen überzeugt. Aus einer sektiererischen, nur gegeneinander agierenden Partei ist ein Jahr später eine ernst zu nehmende Mitbewerberin um die Plätze in der Bürgerschaft geworden.

Innerparteilich hat Lange seinen Führungsanspruch schon bald nach seiner Aufstellung als Spitzenkandidat angemeldet. Hansen musste seinen Stuhl räumen, Lange ist seit Februar auch FDP-Landeschef und sitzt im Bundesvorstand der Partei. Gern kokettiert er mit seinem Marine-Image, führt zu Wahlkampfveranstaltungen im Opel Admiral vor und hat seinen Wahlkampf unter das Motto „Volle Kraft voraus“ gestellt. Lange hat ein Bundeswehrleben bei der Marine hinter sich, ein Schnellboot kommandiert und zuletzt die Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg-Blankenese geleitet. Kein einfacher Job – als Lange seinen Posten antrat, war die Akademie gerade in den Negativschlagzeilen, weil der Rechtsextremist Manfred Roeder dort auf Einladung sprechen durfte.

Auch wenn Lange betont, er habe sich niemals in die Politik gedrängt, hat der Soldat im Range eines Konteradmirals schon in den 80er-Jahren enge Kontakte zur damaligen CDU-FDP-Bundesregierung gepflegt – als Mitglied im Planungsstab des Außenministeriums und als Leiter der Gruppe Sicherheitspolitik im Bundeskanzleramt.

Lange ist Vertreter eines wirtschaftsliberalen Kurses. Die demokratischen Bürgerrechte sind sein Schwerpunkt dagegen nicht. Wie CDU und Politrichter Ronald Schill fordert er geschlossene Heime für mehrfach straffällige Jugendliche und ein härteres Vorgehen gegen Drogendealer. Lange wirkt stets jovial und freundlich, ist unermüdlich um einen guten Eindruck in der Presse bemüht. Zuweilen erscheint er aber ein bisschen behäbig, langsam, von dem Medienrummel leicht überfordert. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass er über einen ausgeprägten Machtinstinkt verfügt. Ein Instinkt, der ihn in den vergangenen Wochen erstmals im Stich zu lassen schien, als ihm ein Schlingerkurs in der Koalitionsfrage attestiert wurde und die seit dem Frühjahr rapide nach oben geschossenen FDP-Umfragezahlen wieder zu sinken begannen. Mit seiner jetzigen klaren Ansage gegen Rot-Grün hat Lange reagiert: Das FDP-Schiff soll ihm nicht mehr aus dem Ruder laufen. PETER AHRENS

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