: Und alles ist Dressur
Beust I, das Drama aus dem Goethe-Nachlass in Auszügen in der taz hamburg: Auch die Hundeverordnung kann DEN HERRN nicht mehr retten. Aufgezeichnet ■ von Peter Ahrens
Was bisher geschah: Beust (Ole von Beust) hat, um endlich an die Macht zu kommen, einen Pakt mit dem Teufel (Ronald Schill) geschlossen. Allerdings fehlt ihm noch die Huld des Gretchens (Rudolf Lange), um den Thron DES HERRN (Ortwin Runde) zu besteigen.
3. Szene: Die Hundeverordnung.
DER HERR: (geht spazieren. Es nähert sich ein Pitbull.) Du siehst, ein Hund. Er knurrt und zweifelt, legt sich auf den Bauch. Alles Hundebrauch. Sei ruhig, Pudel. Renne nicht hin und wider. Solch einen störenden Gesellen mag ich nicht in der Nähe leiden. Wie wird mein Pudel lang und breit. Er hebt sich mit Gewalt. Schon sieht er wie ein Nilpferd aus mit feurigen Augen, schrecklichem Gebiss. Fletsche deine gefräßigen Zähne mir nicht so entgegen. Hund, abscheuliches Untier.
(sperrt den Hund in den Kerker)
DER HERR: Um Lebens oder Sterbens willen bitt ich mir ein paar Zeilen aus. Allein ein Pergament, beschrieben und beprägt, ist ein Gespenst, vor dem sich alle scheuen.
PITBULL: Es mag kein Hund so länger leben. Wer hat dir Henker diese Macht über mich gegeben. Wie sie mich binden und packen. Zum Blutstuhl bin ich schon entrückt. Schon zuckt nach jedem Nacken, die Schärfe, die nach meinem zückt. O wär ich nie geboren. (jault)
4. Szene: Die Gretchentragödie
BEUST: Mein schönes Fräulein, darf ichs wagen, meinen Arm und Geleit ihr anzutragen?
GRETE: Bin weder Fräulein weder schön, kann ohn Geleit nach Hause gehn.
BEUST: Ich bin der Werber, und du bist der Freier. Nun sag, wie hast dus mit der Koalition? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon.
GRETE: Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen.
(Mephistopheles taucht auf)
GRETE: Vermaledeiter Rattenfänger. Es tut mir lang schon weh, dass ich dich in der Gesellschaft seh. Wie ich mich sehne, dich zu schaun, hab ich vor dem Menschen ein heimlich Grauen und halt ihn für einen Schelm dazu.
BEUST: Ich sah ihn lange schon, nicht wichtig schien er mir. Es muss auch solche Käuze geben.
GRETE: Wollt nicht mit seinesgleichen leben. Es steht ihm in der Stirne geschrieben, dass er nicht mag eine Seele lieben. Mir ists so wohl in deinem Arm, so frei, so hingegeben warm, und seine Gegenwart schnürt mir das Innere zu.
BEUST: Nach einem selbstgesteckten Ziel mit einem holden Irren hinzuschweifen, ist eure Pflicht. Und wenn ein Irrlicht euch die Wege weisen soll, so müsst ihrs so genau nicht nehmen. In diesem Sinne kannst dus wagen, verbinde dich.
GRETE: Was tue ich nicht deinetwillen?
BEUST: So ist ein muntrer Klub zusammen. Jetzt ist man von dem Rechten allzuweit.
MEPHISTOPHELES: (zu Grete) Ich sag dirs im Vertrauen nur: Du bist doch nun einmal eine Hur.
(Sie verbinden sich, Beust kommt an die Macht und lässt sich vom Volke feiern)
MEPHISTOPHELES: (leise) Den Teufel spürt das Völkchen nie, auch wenn er es beim Kragen hätte. Man schillt und rauft, man schreit und ficht. Für diesmal dank ich dir, dem erbärmlichsten von allen Erdensöhnen. (laut) Welch ein Gefühl, musst du, o großer Mann, bei der Verehrung dieser Menge haben.
IM VOLK: Nein, er gefällt mir nicht, der neue Burgemeister. Nun, da ers ist, wird er nur täglich dreister. Und für die Stadt, was tut denn er? Wird es nicht alle Tage schlimmer? Gehorchen soll man mehr als immer und zahlen mehr als je vorher.
CHOR: Da ists denn wahrlich oft ein Jammer. Gib nur erst acht, die Bestialität wird sich gar herrlich offenbaren.
Vorhang.
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