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„Wer nicht zweifelt, ist dumm“

Hermann Scheer, Parteivorstand der SPD, über den Sinn der militärischen Aktion in Afghanistan und die Unterstützung für die Politik des Kanzlers in der SPD-Fraktion

taz: Herr Scheer, die Bundeswehr soll sich mit ABC-Abwehrkräften, Spezial- und Marineeinheiten, Sanitätern und Lufttransportkapazitäten in Afghanistan beteiligen. Wie bewerten Sie dies?

Hermann Scheer: Entscheidend ist, ob die Aktion einen militärischen, politischen und humanitären Sinn hat. Um das zu beurteilen, müssen wir erstens sehr genau – und kritisch – analysieren, welchen Erfolg die Angriffe auf Afghanistan bisher gezeitigt haben, und zweitens, welchen konkreten Beitrag die Bundeswehr dort leisten soll. Die nationale Frage – Bundeswehreinsatz ja oder nein – halte ich letztlich für nicht entscheidend.

Wie groß ist die Unterstützung für Gerhard Schröders Politik der „uneingeschränkten Solidarität“ in der SPD-Fraktion?

Uneingeschränkte Solidarität kann nicht blindes Vertrauen in die Militärstrategie der USA bedeuten – trotz allen Mitgefühls aufgrund der Ereignisse vom 11. September. Ich bin sicher, dass inzwischen jeder in der SPD, und zwar auch der Bundeskanzler, skeptisch ist, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Wer Zweifel daran angesichts dessen, was wir seit drei Wochen in Afghanistan beobachten, abstreitet, sagt entweder nicht, was er denkt, oder er ist dumm. Es ist undenkbar, dass eine Frage, die in jedem Freundeskreis, in jeder Familie erörtert wird, nicht auch in der SPD kritisch erörtert wird.

Wird sie das nicht?

Bisher beobachte ich eine gewisse Beklommenheit, sich mit der Frage öffentlich auseinander zu setzen. Und politische Erörterungen in der Demokratie müssen öffentlich sein. Es kann nicht sein, dass SPD-Abgeordnete nach ihrer Position gefragt werden und auf das Regierungskommunikee verweisen.

Werden Sie dem Bundeswehreinsatz im Bundestag zustimmen?

Jeder Maßnahme, die humanitär oder deeskalierend wirkt, werde ich zustimmen. Das gilt für die Entsendung von Sanitätern wie für Unterstützung bei der dringend erforderlichen Minenräumung. Offen ist die Frage, was die angeforderten Spezialeinheiten in Afghanistan und die Marineeinheiten fernab vom Schauplatz tun sollen. Einer schlichten Fortsetzung der bisherigen Bombardierung werde ich nicht zustimmen und viele andere in der SPD auch nicht.

INTERVIEW: JEANNETTE GODDAR

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