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Stoppt Karlsruhe Militärflieger?

Der Streit im Bundestag um den Airbus eskaliert: Die Opposition beantragt beim Verfassungsgericht, den Kauf von 73 Lufttransportern aufzuhalten. Union und FDP sehen ihr Budgetrecht von Verteidigungsminister Scharping verletzt

von CHRISTIAN FÜLLER

Jetzt soll Karlsruhe die Regierung zur Räson rufen. Union und FDP haben beim Bundesverfassungsgericht beantragt, den Kauf des Militär-Airbus vorläufig zu stoppen. Die Richter sollen Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) untersagen, das fast 10 Milliarden Euro teure Rüstungsgeschäft verbindlich abzuschließen. Das vermeintlich essenzielle Rüstungsprojekt zwischen acht Ländern muss bis 31. Januar in trockenen Tüchern sein. Das Gericht will am Dienstag, 29. Januar, über die einstweilige Anordnung entscheiden.

Damit eskaliert der Konflikt zwischen Parlament und Bundesregierung um die 73 Lufttransporter. Denn neben der CDU/CSU und der FDP sind die PDS, die Grünen, ja sogar Teile der SPD mit dem Vorgehen bei der Beschaffung des Airbus A 400 M nicht einverstanden.

Die Parlamentarier sehen ihr höchstes Recht in Gefahr – dass eine Regierung Ausgaben nur mit Zustimmung des Bundestages vornehmen kann. Das gilt für Ausgaben ab 25 Millionen Euro. Der umstrittene Luftfrachter für die Bundeswehr kostet aber 3,5 Milliarden Euro mehr, als der Bundestag bislang genehmigt hat. Die Verfassungslage ist eindeutig: Sie lässt die exorbitante Ausgabe ohne ein ordentliches Haushaltsverfahren nicht zu.

Die rot-grüne Regierung hat sich in eine Zwickmühle manövriert. Sie hat dem Verteidigungsminister zwar erlaubt, 73 militärische Airbusse zu kaufen. Zunächst stellte sie dafür im Haushalt nur 5,1 Milliarden Euro für 40 Maschinen bereit. Die Opposition will nun einen Nachtragshaushalt, um weitere 3,5 Milliarden Euro für die fehlenden 37 Lufttransporterder freizugeben. Ein erneutes Aufschnüren des Bundesetats für das Jahr 2002 wollen der Kanzler und der Finanzminister keinesfalls zulassen – sonst wäre ihr politisches Markenzeichen der Haushaltskonsolidierung ausgerechnet im Wahljahr gefährdet. Rot-Grün will daher das fehlende Geld erst im Etat für 2003 genehmigen.

Verteidigungsminister Scharping heizte den Streit erst richtig an. Er brüskierte das Parlament, wie die Union findet, weil er sich am Donnerstagabend im Bundestag auch auf Nachfrage weigerte, präzise Auskunft über sein Vorgehen zu geben. Union und FDP waren darüber so empört, dass sie aus dem Plenum auszogen, während Rot-Grün das prinzipielle Ja für 73 Airbusse beschloss. Noch in der Nacht zum Freitag reichten die Fraktionschefs Merz (CDU), Glos (CSU) und Gerhardt (FDP) per E-Mail Klage in Karlsruhe ein.

Auch die Union spielt mit hohem Einsatz. Sie hält die 73 Airbusse militärisch für notwendig. Geht ihr Antrag in Karlsruhe durch, gilt das Geschäft aber so gut wie geplatzt. Großbritannien will dann lieber in den USA einen Transporter kaufen, als sich am Bau des A 400 Mzu beteiligen. Das Gericht muss entscheiden, was größeren Schaden anrichtet: der Stopp des Projekts oder die Verletzung des Budgetrechts.

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