: Otto Schily im Kreuzverhör
Heute verhört der Innenausschuss Bundesinnenminister Otto Schily zu den V-Leuten im NPD-Verbotsantrag. Wer hat geschlafen: die Länderinnenminister oder der Bundesminister? Die CSU droht weiterhin mit einem Untersuchungsausschuss
aus Berlin ANDREAS WYPUTTA
Die Opposition erwartet von der heutigen Sitzung des Innenausschusses des Bundestages eine Klärung der offenen Fragen in der Affäre um das Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD. Man werde insbesondere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) mit den widersprüchlichen Aussagen aus seinem Ressort und den Innenministerien der Länder konfrontieren, sagte der Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Repnik, gestern in Berlin. Es sei klar, dass Schily als für die Klage der Bundesregierung verantwortliches Kabinettsmitglied seine Sorgfaltspflicht „auf das Gröblichste“ verletzt habe.
CSU-Landesgruppenchef Michael Glos warnte, die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sei „weiterhin möglich“. Max Stadler, innenpolitischer Sprecher der FDP, forderte, Schily müsse „endlich alle Karten auf den Tisch“ legen. „Dann wird klar sein, wer die Verantwortung für die skandalösen Pannen trägt“, sagte Stadler der taz.
Vorwürfe von SPD-Fraktionschef Peter Struck, der gestern geäußert hatte, der FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhard mache sich in der Diskussion über das Verbotsverfahren zum „Hilfsanwalt des NPD-Juristen Horst Mahler“, wies Stadler dagegen zurück: „Struck hat sich entschlossen, gegen die FDP zu holzen. Dabei hat nicht die FPD das Verfahren vergeigt, sondern die SPD-Minister Schily und Behrens.“
FDP-Politiker hatten gestern ihre Forderung erneuert, die Verbotsanträge, die von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat beim Karlsruher Bundesverfassungsgericht eingereicht wurden, wegen der in der vergangenen Woche aufgetauchten V-Leute des Verfassungsschutzes komplett zurückzuziehen. Die Karlsruher Richter hatten die bereits angesetzten Termine für die mündliche Verhandlung aus Verärgerung über die V-Leute abgesetzt.
SPD und Grüne blieben dagegen bei ihrer bereits am Montag ausgegebenen Linie: Schily habe sich nichts vorzuwerfen, die Fehler seien auf Kommunikationsprobleme im Bundesinnenministerium zurückzuführen. „Schily selbst hat ja nichts verbockt“, hatte der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, bereits am Montag betont. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, sprach sich ebenfalls für eine Fortsetzung des Verfahrens aus. „Ich appelliere an alle demokratischen Kräfte, zusammenzuarbeiten, um das Verfahren nicht scheitern zu lassen.“
Unterstützung erhielten die Koalitionsfraktionen auch vom ehemaligen Verfassungsrichter Ernst Mahrenholz. Der Jurist meinte, das NPD-Verbotsverfahren könne auch nach dem Auftauchen der V-Männer weitergeführt werden. Die Antragsschrift müsse „dafür allerdings neu durchforstet werden“.
Auch Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach äußerte sich gegenüber der taz zurückhaltend „Wir sitzen zwischen zwei Stühlen: Wir wollen das Verfahren nicht gefährden, uns aber auch nicht hintergehen lassen.“
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