piwik no script img

Hohe Wüste im Privatbesitz

Aussichtsplattform des Fernsehturms hat bis Winter 2001 zu und macht vielleicht auch nie wieder auf. Oder wird zum Solarium  ■ Von Kaija Kutter

Einmal von ganz oben gucken: Die Menschen sind nur noch stecknadelgroß, die Autos spielzeugklein, der Hafen und die Harburger Berge ganz nah. Viele Hamburger haben als Kind diesen Ausblick bestaunt,doch wollen sie ihn heute ihren Kindern bieten, stehen sie vor verschlossenen Türen. „Wegen Umbaumaßnahmen von Restaurant, Aussichtsplattform und Eingangshalle bis Winter 2001 geschlossen“, steht seit Januar 2001 am Eingang des Hamburger Fernsehturms. Merkwürdig: 2001 ist doch vorbei?

„Dieser Zeitplan war mal ein Ziel. Wir haben das Schild nicht extra überklebt“, sagt Michael Fehland von der Telekom-Tochter „TeDe-Mobilien“, welcher der 1969 erbaute „Heinrich-Hertz-Turm“ gehört. Drehrestaurant und die darunter liegende Aussichtsplattform in 128 Meter Höhe seien zurzeit eine „einzige Wüste“. Fehland: „Der Bauleiter hat das selbst für uns gesperrt. Da wurde der Boden rausgestemmt. Wenn man daneben tritt, kann man zehn Meter tief fallen.“ Auch müssten die drei Motoren der Drehplattform überholt werden. „Das sind alles aufwendige Sonderanfertigungen.“

Doch die mühsamen Sanierungarbeiten des Gastronomie-Bereichs – die 30 Jahre lang nicht möglich gewesen seien, weil immer Restaurant-Betrieb war – sind nicht der einzige Grund für die zeitliche Verzögerung. Frühestens im Herbst, so Fehland, würde der Turm wieder eröffnet. Es fehlt noch ein neuer Pächter, der das Gebäude bewirtschaftet. Es gebe zwar einen Interessenten, aber der habe noch nicht unterschrieben. Wer das sei, will der Turm-Verwalter nicht verraten. Nur soviel: „Wir haben andere Türme im Bundesgebiet. Was gut läuft, ist gehobene Gastronomie mit einem richtig guten Koch.“

Durch das alte Restaurant, das 20 Jahre lang „Kaffee und Kuchen satt“ für 5 Mark anbot, habe der Turm einen „Imageschaden“ erlitten. Fehland: „Der Zuspruch der Öffentlichkeit war gering.“ Durch die Touristen allein sei so ein Turm, der rein technisch für Funkanlagen aller Art unverzichtbar ist, nicht zu bewirtschaften. Fehland: „Und für die Hamburger war das nur anfangs interessant. Heute kommen die nur, wenn ihr Besuch sie dazu drängt.“

Und die Aussichtsplattform, zu der Familien für wenig Geld per Fahrstuhl sausen können? Fehland: „Ich weiß nicht, ob es die Aussichtsplattform noch geben wird. Wenn der Pächter will, kann er dort auch ein Solarium oder sonst was einbauen.“

Schade. Die Stadt Hamburg hat nur Einfluss auf die äußere Erscheinung des Turms. So ist Außenwerbung beispielsweise untersagt. Der schicke Ausblick ist im Privatbesitz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen