KSK-EINSATZ: DIE ABGEORDNETEN WERDEN IHREM AUFTRAG NICHT GERECHT
: Opportunes Nichtwissen

Seit einigen Tagen verkünden Pentagon-Sprecher täglich neue Erfolgsmeldungen: Gestern waren es wieder hundert Taliban und Al-Qaida-Kämpfer, die in den Bergen Afghanistans mit Hilfe von B-52-Bombern, Kampfhubschraubern und Bodentruppen getötet wurden. Das Vorgehen, ebenso wie das freudige Vermelden der neuesten Totenzahlen, ist konsequent, teilt man die Auffassung, die Terroristen seien „auszuräuchern“ und „tot oder lebendig“ zu fangen – wie dies Präsident George W. Bush schon vor Monaten öffentlich kundtat.

Schon die Vorstellung, es handle sich bei dem bombardierten Gebiet um ein allein von Mördern und potenziellen Attentätern bewohntes Gebiet, ist natürlich naiv. Aber die US-Regierung hat auch nie behauptet, in diesem Krieg würden nur Schuldige getroffen. Richtig verlogen wird es aber, wenn solche Massaker als „polizeilich-militärische Maßnahme“ bezeichnet werden. Seit der Einsatz der deutschen KSK bestätigt ist, muss man davon ausgehen, dass sowohl die Bundesregierung als auch die überwiegende Mehrheit der Bundestagsabgeordneten dieser Ansicht sind. Denn in der Protokollnotiz der Bundesregierung zur Bereitstellung der Bundeswehr sind die Aufgaben der Spezialkräfte ausdrücklich als „polizeilich-militärisch“ beschrieben.

Es ist die Aufgabe der Abgeordneten des Bundestags über die Einhaltung dieser Vorgabe zu wachen. Dazu sind sie offenbar nicht willens oder nicht in der Lage. Entweder die so genannten WehrexpertInnen wussten tatsächlich nicht über das Aufgabenspektrum der KSK Bescheid – dann sind sie naiv und unqualifiziert. Oder sie wussten, dass verdeckt operierende Spezialeinheiten wie die KSK inzwischen zur Führung eines Bodenkrieges dazu gehören ebenso wie zur Zielmarkierung für Luftangriffe – dann haben sie ihren Auftrag nicht erfüllt und die deutsche Öffentlichkeit grob getäuscht. Die Geheimniskrämerei um den KSK-Einsatz dient deshalb nicht nur der Bundesregierung, sondern auch den Abgeordneten, die nicht den Mut haben, öffentlich zu ihrem Ja für einen Kriegseinsatz der Bundeswehr zu stehen.Von den Abgeordneten ist eine politische Kontrolle folglich nicht zu erwarten. ERIC CHAUVISTRÉ