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SPD kassiert und dankt

„Danke-schön-Leistung“ nennt die Kölner SPD ihr System aus Korruption und Spende. Der frühere Fraktionschef Rüther gibt in einem Brief an die Partei erstmals die Namen der Spender preis

KÖLN taz ■ Vorher beschließen, nachher kassieren – nach dieser Methode sollen sich die Sozialdemokraten in Köln jahrelang ein einträgliches Zubrot verschafft haben. Das geht aus der staatsanwaltlichen Vernehmung des Hauptbeschuldigten im Kölner Spendenskandal, Norbert Rüther, hervor, von der immer mehr Details bekannt werden. „Danke-schön-Leistungen“ sollen die Genossen ihr System genannt haben, mit dem sie bei Firmen abkassierten, nachdem diesen lukrative städtische Großaufträge zugeschanzt worden waren – unter anderem bei dem Müllentsorger Trienekens und dem Anlagenbauer Steinmüller. Das Geld soll an die Partei und in zwei schwarze Kassen geflossen sein.

Gestern hat sich der Exspitzengenosse Rüther erstmals seit Aufdeckung des Spendenskandals auch wieder bei seiner früheren Partei gemeldet. Wie Schatzmeister Martin Börschel gegenüber der taz bestätigte, machte Rüther in einem Brief an die Kölner SPD Angaben über die Spenden, die er in den Jahren 1994 bis 1999 entgegengenommen hat. „Er hat in dem Brief die Daten, Summen und Namen derjenigen aufgeführt, von denen er Geld erhalten haben will“, sagte Börschel der taz. Er gehe davon aus, dass sich das Schreiben im Wesentlichen mit den Aussagen decke, die Rüther vor der Staatsanwaltschaft gemacht habe. Danach sollen sich die erhaltenen Einzelsummen auf 830.000 Mark addieren. Nähere Einzelheiten zum Inhalt wollte Börschel allerdings zum jetzigen Zeitpunkt nicht mitteilen, um die staatsanwaltlichen Ermittlungen nicht zu gefährden.

Vor der Staatsanwaltschaft gab Rüther an, das System der „Danke-schön-Leistungen“ sei in den 90er-Jahren guter Brauch gewesen. Der damalige Ratsfraktionsgeschäftsführer will ihn von seinem Fraktionschef Klaus Heugel übernommen haben. Durch diese Zahlungsmodalitäten habe die Kölner SPD sicherstellen wollen, sich bei Aufdeckung nicht einem Bestechungsvorwurf ausgesetzt zu sehen.

Die SPD ist vor dem Hintergrund der Spendenaffären in Köln und anderen nordrhein-westfälischen Städten nach einer aktuellen Forsa-Umfrage in der Wählergunst auf den tiefsten Stand seit Ende 1999 gefallen. Danach würden derzeit nur noch 33 Prozent der Wähler für die Sozialdemokraten stimmen. Die Union käme auf 41 Prozent der Stimmen. Die FPD landete bei 9, die PDS bei 7 und die Grünen bei 6 Prozent der Stimmen.

PASCAL BEUCKER, FRANK ÜBERALL

inland SEITE 8

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