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SPD pflegt ihre Osterwiese

■ Traditionelles Treffen der Schausteller mit der SPD: Wer hilft den Kids der Schausteller in die Schule? Und: Heißt der neue Marktmeister Sabine Ahrens?

Die Bremer SPD pflegt gute Kontakte zu den Schaustellern. Jahr für Jahr gibt es auf der Osterwiese im Zeltlokal „Riverboat“ einen Stammtisch, zu dem die Arbeitsgemeinschaft der Selbstständigen in der SPD einlädt – und alle kommen: alle Schausteller, allerhand Behördenvertreter, allerhand SPD-Politiker. Man kennt sich, und so musste diesmal nur die SPD-Senatorin für Arbeit, Karin Röpke, ein Namensschildchen aufstellen.

„Wenn es diese Versammlung nicht gäbe, dann sähe es schon anders aus auf der Bürgerweide“, lobte der SPD-Vorsitzende Wolfgang Grotheer den Nutzen der Kontaktpflege. Diverse „Begehrlichkeiten“ müssten immer wieder abgewehrt werden. Nach der „Halle 7“ dürfe es keine weitere geben, darin waren sich SPD-Politiker und Schausteller einig: Kein Zentimeter lasse sich von dem Platz abschneiden, ohne die stets versprochenen 100.000 Quadratmeter für Freimarkt und Osterwiese in Frage zu stellen. „Auch in der Bauphase der Stadthalle“ sei darauf zu achten, engagierte sich Grotheer. Ob die Kapazitäten der Stadthalle wirklich um 4.000 Plätze erhöht werden müssten, das sei im übrigen noch offen – die Rentabilität müsse dafür erst noch dargelegt werden.

Die 100.000 Quadratmeter wollen die Schausteller in einem Bebauungsplan festgeklopft wissen – der Bremer SPD-Parteitag habe dieses Ansinnen in einem Beschluss unterstützt, konnte Grotheer vermelden, und auch die CDU – der Schausteller Heiko Strohmann, Landesgeschäftsführer der CDU, saß nur „ganz privat“ in der Runde – habe Zustimmung signalisiert.

Diesmal ging es vor allem um die Beschulung der Schausteller-Kinder. Renate Möbius, SPD-Bürgerschaftsabgeordnete, setzt sich besonders für das Thema ein. Bisher müssen die meisten Schausteller-Kinder in der „Saison“ mit ihren Eltern mitreisen – und gehen daher mal hier, mal da ein paar Tage zur Schule. Und werden in den Klassen oft als störend empfunden.

Dass die Kinder in „Gastfamilien“ am Wohnsitz der Eltern bleiben, wie die Sozialsenatorin als Möglichkeit einwarf, das wollen die Schausteller nicht. „Unsere Kinder sind anders“, sagte eine Mutter. Wenn sie in einer Wohngruppe unter sich seien, könnten sie sich untereinander auch mal trösten, dass die Eltern immer weg sind. „In einer Pflegefamilie würden sie „ganz schnell entfremdet“, fürchtet der Schausteller-Verbands-Präsident Karl-Heinz Fehrensen. in einer „Wohngruppe“, in der vier bis sechs Schaustellerkinder unter sich blieben, könnte „der Bezug zu dem Beruf und zu den Eltern besser erhalten bleiben“.

Bleibt die Frage, wer das finanziell unterstützen würde, denn kostendeckende Beiträge bis zu 2000 Euro wären von den Eltern kaum aufzubringen, und „was ist, wenn es einmal ein paar Kinder weniger in einer Gruppe sind?“, fragte Fehrensen. Ihre Idee: Das Sozialressort soll ein Angebot organisieren und das Risiko tragen, die Eltern beteiligen sich je nach Einkommen – wie beim Hortangebot. Marlies Löwenthal von der „Wildwasserbahn“ versicherte auf der Versammlung, sie sei ganz sicher, dass die neue Sozialsenatorin da etwas hinbekomme. Die Angesprochene fühlte sich geehrt – „aber es gibt keine Finanzierung dafür in den Haushalten 2002/2003“.

Irgendwie war die Versammlung fast beendet, als einer der Schausteller den anwesendenden Stadtamtsleiter Hans-Jörg Wilkens fragte, warum die seit langem ausgeschriebene Stelle des „Marktmeisters“ im Stadtamt immer noch nicht besetzt sei. Wilkens erklärte, das hänge mit dem Umbau des Stadtamtes und dem neuen Bürgerservice in der Pelzer Straße zusammen. So ganz zufrieden waren die Schausteller mit der Antwort nicht. Sie befürchten, dass jemand Fremdes auf diesen Posten kommt. Sie hätten nichts dagegen, wenn Claudia Lange, die den vor Jahren suspendierten Marktmeisters Wolfgang Ahrens schon ewig vertritt – im Stadtamt weiter für sie zuständig wäre. Oder wenn die Ehefrau des ehemaligen Marktmeisters, Sabine Ahrens, es werden würde. „Die hat doch jahrelang alles mitbekommen. Und da wäre er doch im Hintergrund immer dabei“, sagt ein Schausteller zu den Vorzügen dieser Lösung. K.W.

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