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Es geht nur mit EU und UNO

aus Paris DOROTHEA HAHN

„Chirac und Jospin nach Ramallah“ steht auf Transparenten, die bei Nahost-Demonstrationen durch Paris getragen werden. Doch die beiden Politiker denken gar nicht daran, sich in die Gemengelage zwischen Israel und Palästina einzumischen. Sie machen Wahlkampf. Und da entscheidet die Innenpolitik.

Der Neogaullist Chirac besucht eine Synagoge, und in der großen Moschee von Paris spricht er von „nationaler Einheit“. Der Sozialdemokrat Jospin verstärkt den Schutz jüdischer Einrichtungen und nennt den Respekt vor den Religionen eine „Grundsäule der Republik“.

Auch wenn sie gegenwärtig schwer zu erkennen ist: Natürlich hat Paris eine Nahostpolitik. Und dies nicht erst seit 1948, als Paris im Gegensatz zu London – mit dem man um die strategisch wichtigen Einflussgebiete im Nahen Osten konkurriert – der Schaffung des Staates Israel zustimmte. Konsequent ist diese Politik freilich nicht. Mit einem Bein steht man in Israel, mit dem anderen in der arabischen Welt. Traditionell pflegen die Gaullisten die besten Beziehungen zu den arabischen Staaten. So war es Chirac, der noch unter Präsident Giscard d’Estaing, ein AKW an den Irak verkaufte.

Die Sozialisten haben historisch engere Bindungen an Israel. Doch die Unterschiede haben sich in den vergangenen Jahren verwischt. Dafür sorgte vor allem Chirac, der 1995 als erster französischer Staatspräsident eine Mitschuld Frankreichs an der Schoah anerkannte und damit ein wichtiges Zeichen gegenüber Israel setzte. Heute müssen Staatspräsident und Premierminister außenpolitisch an einem Strang ziehen. Als die jüngsten israelischen Angriffe begannen, bestellten sie einvernehmlich den Botschafter des Landes ein. Einvernehmlich schickten sie letzte Woche auch ein Flugzeug voller medizinischer Hilfsgüter nach Palästina. Und, gedeckt von Chirac, stellt Außenminister Hubert Védrine fest, dass nur die Schaffung eines Palästinenserstaates Frieden bringen könne. Er nennt es auch „problematisch“, dass in der israelischen Regierung Repräsentanten jener Parteien sitzen, die gegen eine politische Einigung sind.

Über einen Nahostplan des deutschen Außenministers hat man in der französischen Öffentlichkeit wenig gehört. Wohl aber über die Mission von US-Außenminister Powell. Védrine: „Wir sind uns in der EU einig, dass die Priorität darin besteht, die Mission des US-Außenministers zu unterstützen.“ Diese Position habe Fischer sogar als erster vorgeschlagen. Im Gegensatz zu seinem britischen Kollegen Straw, der in Powell die „einzige Hoffnung“ für Nahost sieht, spricht Védrine mit bitterem Sarkasmus, wenn er erklärt, es sei „immerhin schön, dass Powell Arafat sehen konnte“.

Seit dem Scheitern der Powell-Mission haben die beiden französischen Spitzenpolitiker in Paris klar gemacht, dass sie alle Lösungsversuche des Nahostkonfliktes ohne EU, UNO und ohne Arafat für „sinnlos“ halten. Chirac regte eine Neuauflage der Madrider Konferenz von 1991 an. Bei diesem „Madrid II“ will er auch Russland beteiligen.

So bleibt es den kleinen Parteien und den Menschenrechtsgruppen überlassen, Klartext über den Nahostkonflikt zu reden. Kommunist Hue lud demonstrativ einen israelischen Kriegsdienstverweigerer auf eines seiner Wahlkampfmeetings ein. Und die in Paris ansässige Internationale Menschenrechtsföderation, FIDH, legte ein detailliertes Programm darüber vor, wie aus dem „Konflikt hinter verschlossenen Türen“ in den besetzten Gebieten herauszukommen sei. Von der UNO verlangt die FIDH, die besetzten Gebiete zu humanitären Katastrophengebieten zu erklären.

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