: Nötig oder genötigt?
■ Prozess gegen Kritischen Polizisten Wüppesahl begann
Er fühlte sich genötigt, und nun soll er genötigt, verletzt und verfolgt haben: Der Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer PolizistInnen Thomas Wüppesahl muss sich seit gestern vor dem Hamburger Amtsgericht verantworten (taz berichtete).
Vordergründig geht es um Situationen, wie sie im deutschen Straßenverkehr nicht selten sind: Einer fährt dicht auf, ein anderer fühlt sich bedrängt. Einer parkt auf der Fahrbahn und reisst dann noch die Autotür auf. Ein anderer erschreckt sich und muss einen großen Bogen fahren. Man trifft sich an der nächs-ten Ampel wieder. Schreck wird Wut, ein Wort gibt das andere. Manchmal wird daraus eine Schlägerei.
Um die zu vermeiden, versetzt Wüppesahl sich „zur Deeskalation“ in den Dienst und nimmt die Personalien des Lastwagenfahrers auf. Doch dann – so schildert es Wüppesahl gestern im Gerichtssaal – hängt der sich an seine Autotür und will den Polizisten nicht fahren lassen.
Der fährt an, der Mann lässt sich auf die Motorhaube von Wüppesahls Wagen fallen, rollt sich ab und bleibt minutenlang auf der Straße liegen. „Alles Show“, sagt der Polizist. Doch am nächsten Tag ermittelt die Dienststelle Interne Ermittlungen gegen ihn, und nun sitzt er auf der Anklagebank.
Für Wüppesahl ist die ganze Sache ein Fall von Mobbing. Darüber will er reden. Immer wieder schießt er Spitzen in Richtung Staatsanwaltschaft, die „Vernehmungsweltmeister“, wie er sie nennt. Dafür kassiert er eine Abmahnung vom Gericht. Der Prozess wird morgen fortgesetzt. san
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