: Ökomulti gegen Ölmulti
Greenpeace startet Kampagne gegen Esso: Der weltgrößte Ölkonzern soll Klima schützen und in erneuerbare Energien investieren. Untersuchungen weisen moralische Verantwortung der Ölmultis für den Ausstoß von Kohlendioxid nach
von BERNHARD PÖTTER
Greenpeace hat sich viel vorgenommen. Mit einer globalen Kampagne will die Umweltschutzorganisation eines der größten Unternehmen der Welt, den Mineralölkonzern ExxonMobil, zu einer Änderung seiner Strategie zwingen. Der Ölkonzern solle das Kioto-Protokoll zum Schutz des Weltklimas akzeptieren, den internationalen Kilmaschutz nicht weiter sabotieren und zukünftig in regenerative Energien investieren, heißt es bei Greenpeace Deutschland.
Die Kampagne gegen die deutsche Tochter von Exxon, die Esso AG, starteten Aktivisten von Greenpeace letzte Woche mit einer Aktion in Hamburg. Zeitgleich zur Hauptversammlung von ExxonMobil im texanischen Dallas stiegen sie der deutschen Esso-Zentrale aufs Dach. „Wir werden die Öffentlichkeit darüber aufklären, wie Essos Politik weltweit gegen den Klimaschutz, gegen den Naturschutz und gegen die Menschenrechte verstößt“, kündigte Jörg Feddern von Greenpeace an. Ähnlich wie in Großbritannien, wo bereits seit einem Jahr gegen Esso demonstriert wird, droht Greenpeace, man werde „an allen möglichen und unmöglichen Orten auftauchen“ und auch Esso-Kunden direkt an den Tankstellen ansprechen.
Die Umweltschützer untermauern ihre Forderung mit einem neuen Gutachten „Mineralölkonzerne und Klimazerstörung“, das sie beim Wuppertal Institut, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und dem Dachverband der Verbraucherzentralen in Auftrag gegeben haben. Demnach haben die Ölkonzerne (allein die vier größten unter ihnen, Exxon, Shell, BP und TotalElfFina, beherrschten im letzten Jahr 67 Prozent des Weltmarkts und machten 992 Milliarden Dollar Umsatz) eine moralische Verantwortung für den Ausstoß von CO2 in der Vergangenheit. Da die Atmosphäre mit CO2 überlastet werde und die globalen Ölreserven zu Ende gehen, müssten die Konzerne auf erneuerbare Energien setzen. Ähnlich wie die Staaten im Kioto-Protokoll sollten sich die Ölfirmen dazu verpflichten, fünf Prozent ihrer Emissionen von 1990 bis 2012 durch Wind, Sonne und Biomasse einzusparen. Die Studie berechnet dafür einen Investitionsbedarf von zwischen 62 und 159 Milliarden Euro über die nächsten zehn Jahre. Damit könnten die Firmen etwa 16.700 Megawatt an Windleistung, 9.800 Megawatt Solarenergie und 4.000 Megawatt Biomasseleistung aufbauen.
Anders als ExxonMobil akzeptieren die Ölfirmen Shell und BP das Kioto-Protokoll und investieren in erneuerbare Energien. TotalElfFina behindert nach Untersuchungen der Studie wenigstens nicht den Klimaschutz. ExxonMobil aber, so Feddern, sei der „Schlechteste unter den Schlechten“. Besonders die jahrelange Lobbyarbeit gegen das Kioto-Protokoll, die finanzielle Unterstützung für US-Präsident Bush und der direkte Druck auf die Politik der USA sind den Umweltschützern ein Dorn im Auge.
„Wir wissen nicht, was wir anders machen sollten“, sagt dagegen die Sprecherin der ExxonMobil für Zentraleuropa, Gabriele Radke. Der Konzern nehme das Problem Klimawandel „sehr ernst“ und habe in den letzten 25 Jahren seine Energieeffizienz um 37 Prozent gesteigert. Mit erneuerbaren Energien habe man bereits vor 20 Jahren experimentiert, „aber herausgefunden, dass das bei uns eine Sackgasse ist“, so Radke. Vor einer Greenpeace-Aktion wie gegen Shell bei der Debatte um die Versenkung der Ölplattform Brent Spar 1995 habe Esso keine Angst.
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