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Generalstaatsanwalt soll weg

Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) will Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge vom Abgeordnetenhaus abwählen lassen. Das Verhältnis war schon länger gestört

Die Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) will ihren Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge vom Abgeordnetenhaus abwählen lassen. Indirekt wurde dies schon am Dienstagabend bekannt, als der CDU-Abgeordnete Michael Braun in einer Fernsehsendung andeutete, seine Fraktion sei in Sachen Abwahl Karges von der Justizsenatorin kontaktiert worden.

Der Betroffene selbst wurde Mittwochmorgen informiert. Um 9 Uhr erhielt Karge ein Schreiben der Justizsenatorin, in dem ihm mitgeteilt wird, Schubert beabsichtige, „das Abwahlverfahren vor dem Abgeordnetenhaus einzuleiten“. In dem Schreiben heißt es: „Das Gespräch vom 5. Juli hat nicht zur Wiederherstellung des zwischen uns erforderlichen Vertrauens geführt.“ Mit so einer Formel kündigt man politischen Beamten. Auf Grund einer Besonderheit der Berliner Verfassung ist es umstritten, ob der Generalstaatsanwalt als politischer Beamter oder als so genannter Laufbahnbeamter gilt. Bei der Entlassung von Laufbahnbeamten muss ein Fehlverhalten benannt werden. Karge selbst sieht sich „nicht als normalen politischen Beamten“. Bis zu einer Änderung im Jahre 1999 sah die Berliner Verfassung vor, dass der Generalstaatsanwalt nicht ernannt, sondern vom Parlament gewählt wird. Deshalb kann Karge nicht entlassen werden, sondern muss abgewählt werden.

Schon in der vergangenen Woche hatte Senatorin Schubert Gespräche mit der CDU-Fraktion und den Grünen über eine Abwahl Karges geführt, wie gestern durchsickerte. Ein Gespräch mit der FDP fand nicht statt.

Karge hatte seit seinem Amtsantritt immer wieder Meinungsverschiedenheiten mit den verschiedenen Justizsenatoren gehabt. So beurteilte er die Ermittlungen in Sachen Bankgesellschaft öffentlich deutlich skeptischer als die Senatorin. Zuletzt hatte er den früheren Leiter der Sonderermittlungsgruppe Bankgesellschaft, Hans-Jürgen Dorsch, in eine andere Ermittlungsgruppe zurückversetzt – angeblich ohne die Justizsenatorin vorab zu informieren.

Karge erklärte gestern: „Ich kämpfe weiter, dass ich in meiner Funktion in Zusammenhang mit der Bankgesellschaft tätig bleibe.“ Karge gilt in der Behörde als schwieriger Charakter. Der grüne Fraktionsvorsitzende und frühere Justizsenator Wolfgang Wieland erklärte gestern, Karge sei „verantwortlich für die unerträgliche Atmosphäre innerhalb der Staatsanwaltschaft und für die Flucht aus der Staatsanwaltschaft“. Die Justizverwaltung war gestern zu keiner Stellungnahme bereit. ROBIN ALEXANDER

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