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Rendite mit Plusenergie

Immobilienfonds: Der Architekt Rolf Disch sucht noch Investoren, um in Freiburg die Idee einer Solarhaussiedlung umsetzen zu können. Kapitalgeber sollen eine Rendite von 5,5 Prozent erhalten

Mit dem „1. Freiburger Solarfonds“ will der Solararchitektur-Pionier Rolf Disch neue Wege beschreiten. Doch der Solarfonds ist – anders, als der Name leicht irreführend suggeriert – nicht etwa ein Aktienfonds mit Unternehmen aus der Solarenergie, die ihren Aktionären in den letzten Monaten wegen stetig sinkender Kurse heftigen Verdruss bereitet haben. Es handelt sich vielmehr um einen Immobilienfonds. Typisches „Betongold“ also? Das wäre nicht typisch für Disch. Die „Plusenergiehäuser“, die der Freiburger Architekt mit seiner Solarfonds GbR bis Dezember 2002 fertig stellen will, sind anders. Sie sollen den Kern einer Solarsiedlung am Freiburger Schlierberg bilden.

Das Konzept zielt auf ökologische und wirtschaftliche Vorteile: Die Solarsiedlung soll mehr Strom produzieren, als für den eigenen Bedarf nötig ist, der Überschuss wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden. „Statt Nebenkosten erzeugen die Solarhäuser Nebeneinnahmen“, schildert Disch stolz. Garantiert wird die Stromabnahme durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz für 20 Jahre zu einem festgelegten Preis von mindestens 0,48 Euro pro Kilowattstunde. Über das 100.000-Dächer-Programm der Bundesregierung wird außerdem eine langfristige Finanzierung der Photovoltaikanlagen zu einem niedrigen Festzinssatz ermöglicht.

Nun sucht der Solar-Fan Disch neue Geldgeber. Insgesamt 276 Anteile zu je 25.000 Euro will er verkaufen. Jürgen Wetzel, Inhaber der Öko-Finanz aus Schönau, die für den Vertrieb der Anteile zuständig ist, sagt: „Bisher sind etwa 20 Prozent der Anteile verkauft. Aber die klassische Jahreszeit für den Verkauf von Fonds beginnt erst im Herbst – nach den Sommerferien dürfte das Interesse an solchen Beteiligungen wie in jedem Jahr kräftig anziehen.“

Der Solarfonds soll den Anlegern eine Rendite von etwa 5,5 Prozent bringen, die aus Mietüberschüssen erwirtschaftet werden soll. Langfristig sei eine Gewinnausschüttung von bis zu 8 Prozent zu erwarten, heißt es in den Unterlagen. Windfonds beispielsweise versprechen den Anlegern höhere Renditen. Doch Disch rechnet vor: „Zwar sind Windkraftanlagen und Immobilien beide nach 20 Jahren steuerlich komplett oder weitgehend abgeschrieben, aber nur die Windkraftanlagen sind dann tatsächlich abgenutzt und wertlos, während die Immobilie eher im Wert steigt.“

Etwa die Hälfte der Häuser in der Solarsiedlung am Schlierberg in Freiburg wird von Kapitalanlegern gekauft und vermietet. Die Mietnachfrage nach den „Plusenergiehäusern“ ist nach Dischs Angaben hoch. Um auch denjenigen Interessenten eine Investitionsmöglichkeit zu geben, die sich kein ganzes Haus leisten können, sich aber an einem ökologischen Projekt beteiligen möchten, hat Disch die Fondskonstruktion ersonnen. Anleger, die drei oder mehr Anteile am Fonds zeichnen, erhalten ein „Belegungsrecht“ für eines der Plusenergiehäuser – sie können selbst einziehen oder die Wohneinheiten an Dritte weitervermitteln.

Die Solarsiedlung war das Leitprojekt der „Solarregion Freiburg“ bei der Expo 2000 in Hannover. Es versucht, größtmöglichen Nutzen aus natürlichen Ressourcen zu ziehen. Ziel sei die weitgehende Unabhängigkeit von kommerziellen Strom- und Wasseranbietern, sagt der ehemalige Möbelschreiner Disch. So soll auch aufgefangenes Regenwasser zur Versorgung der Haushalte beitragen. Die Plusenergiehäuser müssen laut Disch dank guter Wärmedämmung und eines Wärmerückgewinnungssystems nur wenige Wochen im Jahr geheizt werden. Hierzu soll die Siedlung die Solarwärme aus einer 500 Kubikmeter großen Vakuumröhrenkollektoranlage nutzen.

„Unsere Plusenergiehäuser benötigen nur noch ein Siebtel des Heizenergiebedarfs eines konventionellen, nach der Wärmeschutzverordnung gebauten Hauses“, heißt es in der Solarfondsbeschreibung. Die Dachflächen der Häuser werden mit Solarstrommodulen bedeckt. Alle Gebäude sind nach Süden ausgerichtet, damit sie die Sonneneinstrahlung optimal nutzen können. Beim Bau sollen ausschließlich „gesunde“ Baustoffe, vor allem Holz, verwendet werden.

Auch der Standort soll ökologischen Kriterien genügen: Die Freiburger Siedlung liegt in der Nähe eines Biotops und eines Waldgebiets, ist an den öffentlichen Nahverkehr angebunden, eine Straßenbahnlinie mit der Haltestelle „Solarsiedlung“ ist geplant, ebenso Car-Sharing-Möglichkeiten. Autos dagegen sollen „weitestgehend tabu“ sein. Zur Solarsiedlung wird auch das „Sonnenschiff“ gehören, das geplante neue Gebäude des Öko-Instituts. Das Sonnenschiff, ein lang gestreckter Baukörper, bietet auch weiteren Dienstleistern und Läden Platz und stammt ebenfalls aus der Feder von Disch. Es soll die Ausrichtung des Öko-Instituts auf Forschung zu Ökologie und Nachhaltigkeit symbolisch unterstreichen. Auch hieran können sich ökologisch gesinnte Investoren beteiligen.

Disch konnte den Schokoladenfabrikanten Alfred Ritter und seine Schwester Marli Hoppe-Ritter als Mehrheitsgesellschafter gewinnen. Ritter ist unter anderem auch Aufsichtsratsvorsitzender der Solar-Fabrik AG, die letzte Woche an die Börse ging. Die Ritter-Familie sprang bei dem Solarprojekt ein, nachdem Rolf Deyhle, der ursprüngliche Partner von Disch, ausgestiegen war. Deyhles Musicalkonzern war in finanzielle Schwierigkeiten geraten und stand als Investor nicht mehr zur Verfügung.

JÖRG WEBER/ECOREPORTER.DE

www.solarsiedlung.de

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