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„Da knallte es schon“

Eine Gasexplosion zerstörte das Seniorenhaus der Heilsarmee, jetzt steht ein Baggerführer wegen fahrlässiger Tötung von 12 Menschen vor Gericht

„In der Praxis kommt es häufiger vor, dass Bagger etwas hochziehen.“

Es war eines der schwersten Bremer Explosionsunglücke seit dem Ende des Krieges: Zwölf Menschen verloren im November 2000 ihr Leben, als ein vierstöckiges Senioren-Wohnhaus der Heilsarmee im Geschworenenweg (Neustadt) durch eine Gasexplosion zerstört wurde. Gestern nun begann vor dem Bremer Landgericht der Prozess gegen einen Baggerführer, dem die Staatsanwaltschaft fahrlässige Tötung und fahrlässiges Herbeiführen einer Explosion vorwirft. Der Strafrahmen für dieses Vergehen reicht von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Haft. Nebenklägerin in dem Verfahren ist die Witwe des bei dem Unglück ebenfalls ums Leben gekommenen Hausmeisters.

Der 52-jährige Maschinist Klaus-Heinrich B. aus der Nähe von Bremervörde soll – laut Anklage – bei Kanalbauarbeiten im Geschworenenweg „viel zu tief“ gebaggert und dadurch das ins Haus führende Gas-Zuleitungsrohr angehoben haben. Obwohl B. gemerkt habe, dass er die Gasleitung damit beschädigt hatte, habe er zunächst weiter gearbeitet und den Vorfall nicht gemeldet. Das Gasrohr war aus seiner Verankerung im Haus gerissen worden, daraufhin strömte Gas in den Keller des Wohnheims. Etwa 15 bis 20 Minuten später kam es dann zu der verheerenden Explosion.

Aschfahl saß der Familienvater im Schwurgerichtssaal und antwortete kleinlaut auf die Vorwürfe von Staatsanwalt Uwe Picard: „Ich bin der Meinung, dass ich nur meine Arbeit gemacht habe“, sagte B. leise, der seit 33 Jahren – ohne jede Beanstandung – als Maschinenführer arbeitet. Mit seinem Löffelbagger habe er im Geschworenenweg die oberste Deckschicht der Straße sowie die darunterliegende Packlage „abgezogen“, gab B. an. Irgendwann habe er einen Widerstand gespürt: „Dann sah ich eine Leitung und habe sie gleich wieder losgelassen“. versicherte der Angeklagte. Bevor er seinen vorgesetzten Polier auf das Rohr habe hinweisen können, „knallte es schon“. Die Rohrleitung habe recht verrostet ausgesehen, so dass er es für nutzloses Alteisen gehalten habe, von dem man zuvor schon einiges gefunden habe: „Wenn ich gemerkt hätte, dass das eine Gasleitung ist, hätte ich das Rohrstück doch sofort herausgerissen und einen Stopfen in die Leitung gesteckt. Dann wäre nichts passiert.“

Noch nicht geklärt werden konnte gestern, wie tief B. wirklich gebaggert hat. „50 Zentimeter kann man eventuell nicht ausschließen, aber auf keinen Fall mehr“, gab er selbst an. Nun liegt aber die vorgeschriebene Normalüberdeckung von Gas-Hauptrohren bei 80 Zentimetern, wie swb-Bezirksingenieur Jörg Bösche als Zeuge bestätigte. Bei Hausanschlüssen müsse die Überdeckung nach den „Technischen Regeln für Gasinstallationen“ dagegen nur 60 Zentimeter betragen, und zwar gemessen vom Niveau des Fußwegs, sagte Bösche. „Normalerweise“, so Bösche, sollte es so sein, dass Bauarbeiter erst Versorgungsleitungen suchen und freilegen, ehe sie mit schwerem Gerät daran arbeiten. Doch in der Praxis komme „es häufiger vor, dass Bagger was hochziehen“. Das passiere „vor allem im Bremer Umlandbereich, da wird etwas wilder gearbeitet“. Drei bis vier Mal im Monat gebe es derartige Vorfälle – auch mit Gasleitungen.

Markus Jox

Fortsetzung am 1. Oktober um 9 Uhr.

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