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Beer: Irakkrieg wird Europa erreichen

Kriegsexpertin schön zweideutig: Kosovokrieg war richtig, darf sich aber nicht wiederholen. Diskussion mit Loquai

BERLIN taz ■ Die aus dem Parlament ausgeschiedene grüne Sicherheitssexpertin Angelika Beer hat vor einem Krieg gegen den Irak und einer deutschen Beteiligung gewarnt. „Dieser Krieg wird Europa erreichen“, sagte sie am Dienstagabend auf einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin-Kreuzberg. Das ehemalige Mitglied des Verteidigungsausschusses erwartet einen baldigen radikalen Haltungswechsel der Regierung Schröder in der Irak-Frage. Sollte die rot-grüne Regierung entgegen allen bisherigen Aussagen einen direkten militärischen Beitrag zum Krieg der Bush-Regierung leisten, wird sie „gestürzt“ werden, prognostizierte Beer auf der Diskussionsveranstaltung unter dem Titel „Krieg gegen Jugoslawien – eine humanitäre Intervention der Nato?“ Beer bedauerte zudem das Scheitern der PDS an der 5-Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl. Damit fehle eine laute kriegskritische Stimme im Parlament.

Neben Beer trat Heinz Loquai auf, ein bekannter Kritiker des Nato-Krieges. Loquai wiederholte seine These, der Interventionskrieg im Kosovo sei unter Vorspiegelung falscher Tatsachen durch die Nato vom Zaun gebrochen worden. Dies werde auch im Falle des Irak so sein.

Beer hält die Entscheidung für den Kosovokrieg weiter für richtig, meinte aber: „Ein solcher Einsatz darf sich nicht wiederholen.“ Bei einer kritischen Bestandsaufnahme hält Beer insbesondere den Vorratsbeschluss des Bundestages vom 16. Oktober 1998 für einen Kriegseinsatz für falsch. Dieser hätte nach der Besserung der humanitären Lage im Kosovo im Winter 1998/99 durch den Bundestag widerrufen werden müssen. Hier sei das Parlament ausgehebelt worden. Des Weiteren kritisierte Beer den Ausschluss Deutschlands von der Nato-Zielplanung in der zweiten Phase des Krieges, als zivile Einrichtungen angegriffen wurden. Auf Anfrage bejahte sie eine Entschädigung der zivilen Opfer der Nato grundsätzlich, sieht aber Schwierigkeiten bei der Umsetzung.

Beer hatte vor dem Publikum in Kreuzberg keinen leichten Stand. Die Teilnehmer fragten sie, warum sie bei den vielen Zweifeln, die sie bereits im April 1999 hegte, nicht aus der Regierung ausgetreten sei. Beer warf ihre gesamte politische Biografie und ihr Engagement für Kriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien zur Erklärung ihrer Haltung in die Waagschale, konnte aber nur wenige überzeugen.

Anscheinend wächst angesichts der aktuellen Kriegsgefahr das Bedürfnis, sich über die Ursachen des letzten Krieges mit deutscher Beteiligung klar zu werden. Zu der Veranstaltung im Ströbele-Wahlkreis kamen etwa 120 Teilnehmer. HEIKO HÄNSEL

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