: Nicht zu viel Gin Tonic
EM.TV-Prozess: ProSiebenSat.1-Chef Rohner widerspricht dem Angeklagten Haffa. „Simpsons“-Deal erfunden
MÜNCHEN taz ■ Früher freuten sich beide, wenn sie sich trafen. Doch gestern endete die jahrelange Freundschaft zwischen EM.TV-Gründer Thomas Haffa und dem Chef des Fernsehkonzerns ProSiebenSat.1, Urs Rohner. Der Exboss der verglühten Sternschnuppe des Neuen Markts, EM.TV, muss seinen Kumpel inzwischen fürchten, denn ausgerechnet dieser bringt ihn nun in Verruf. Rohner beschuldigte Haffa der Lüge und wurde damit zu einem Hauptbelastungszeugen in dessen Kursbetrugsprozess.
„Persönlich fand ich Thomas Haffa immer sehr sympathisch“, erinnerte sich der Fernsehmanager vor dem Landgericht München, wo sich nun beide gegenseitig widersprechen. Es geht um die ProSieben-Serie „Die Simpsons“. Während der Fernsehmesse Mipcom im Oktober 2000 in Cannes hatten Rohner und Haffa auf Haffas Yacht Gin Tonic getrunken. Heute sind sich beide nur noch darin einig, dass es „ein sehr angenehmer Abend“ war. Haffa behauptet, mit dem Drink hätten Rohner und er auf ein Geschäft angestoßen: Er habe Rohner damals für 128 Millionen Euro 250 „Simpsons“-Folgen verkauft. Rohner bestreitet das: „Tatsache ist, es ist zu diesem Geschäft nicht gekommen.“ Über Preise und Lizenzzeiten habe man nie gesprochen.
Einer von beiden muss die Unwahrheit sagen. Ein Motiv dafür hat eigentlich nur Haffa. Mit dem angeblichen „Simpsons“-Deal steht und fällt die Gewinnprognose, wegen der er vor Gericht steht. Ihm wird vorgeworfen, den Aktienkurs mit frisierten Zahlen in die Höhe getrieben zu haben. Nun drohen ihm bis zu drei Jahre Gefängnis.
Haffas Verteidiger ging den Fernsehunternehmer hart an, unterstellte ihm sogar indirekt, er sei bei dem Treffen betrunken gewesen und könne sich vielleicht deshalb an das Geschäft nicht mehr erinnern. Doch Rohner erwiderte: „So viel Gin Tonic habe ich dann doch nicht getrunken, dass ich nicht mehr weiß, was ich gemacht habe.“ Der einzige Joker blieb eine Aktennotiz Haffas über den angeblichen Verkauf. Aber die wollen Rohner und dessen Vorstandskollege Ludwig Bauer nie gesehen haben. Als Rohner den Saal verließ, würdigte Haffa ihn keines Blickes.
Heute wird der ehemalige EM.TV-Finanzchef Ulrich Göbel aussagen. Laut Anklage hatte er die Haffa-Brüder auf fehlerhafte Angaben in einer Pflichtmitteilung hingewiesen. OLIVER HINZ
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